Das Vertriebsjahr für Altersvorsorge 2022 wird hart. Und 2023 wird wohl noch härter. Dann kommen die hohen Energiekosten direkt bei den Verbrauchern an. Derzeit merken sie die Inflation vor allem beim Lebensmitteleinkauf. "In der Regel wird in Krisenzeiten auch die langfristige Vorsorge und private Absicherung in die Zukunft verschoben", schreibt Reinhard Klages anlässlich der Veröffentlichung des "Bilanzrating deutscher Lebensversicherer 2021" (Map-Report Nr. 926).
Altersvorsorge sei kein Selbstläufer. "In Krisenzeiten erst recht nicht", so Klages. Gleichzeitig verweist er darauf, dass Experten, wie die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV), sicher sind, dass die gestiegenen Zinsen über die Neu- und Wiederanlage der Beiträge oder die Auflösung der Zinszusatzreserve erst mittel- bis langfristig bei den Kunden über höhere Überschüsse ankommen werden. Für den aktuellen Vertrieb gibt es daher aufgrund der Zinserhöhung noch keine guten Argumente für Neukunden.
Kennzahl Storno
Innovative Produkte, meist Fondspolicen, sind heute das Maß der Dinge. Sie sind und bleiben aber komplex. Dabei gibt es einfache Botschaften. So kann man auf "erfreuliche Ergebnisse" aus dem Rating verweisen - etwa die Kundentreue. Die sich durchaus über die Stornoquote der Lebensversicherer messen lässt. Sie ist ein wichtiger Indikator für die Qualität eines Lebensversicherers, heißt es im Map-Report. Gemessen wird, wie viele Verträge, in Prozent des Bestandes, vorzeitig gekündigt werden.
Das zeige, ob die Vertriebsstrategie auf gute Beratung setzt. "Wer Geschäft ohne Rücksicht auf Kundenverluste betreibt, kann nicht erwarten, für kundenorientiert gehalten zu werden." In der traditionellen Stornoquote werden Rückkäufe und vorzeitige Abgänge in Beziehung gesetzt zum mittleren Jahresbestand. Neben schlechter Beratung sei diese Kennzahl häufig auch ein Indiz für eine Strategie, die stark auf Finanzierungen oder Geldanlagen setzt.
Rückläufige Entwicklung
Trotz zweitem Pandemie-Jahr waren die Stornoentwicklungen in den einzelnen Sparten wie im Vorjahr wieder fast durchweg positiv. In der Kapitallebensversicherung lag das Storno, berechnet auf die Anzahl der Verträge, mit 1,63 Prozent deutlich unter dem Vorjahresniveau von 1,78 Prozent. Die höchste Stornoquote mit 3,56 Prozent (Vorjahr: 3,70) verzeichneten fondsgebundene Verträge.
Im aggregierten Unternehmensüberblick der Lebensversicherungen von 2017 bis 2021 liegen Europa, Hannoversche, Cosmos und Allianz sowie Münchener Verein ganz weit vom Marktdurchschnitt (Kennzahl 2,65) entfernt. Diese Unternehmen erreichen daher im Rating die Höchstpunktzahl für den Indikator der Kundentreue. Am Ende der Fahnenstange rangieren die Targo (Kennzahl 8,65) die PB (6,13), die Neue Leben (5,77), die Provinzial Rheinland (5,33) und die Bayern-Versicherung (4,30). Die Liste der Kundentreue zeigt, dass immerhin 31 Unternehmen besser als der Markt sind.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek