Die Autoversicherer müssen 2024 die Prämien massiv erhöhen, um die Inflation auszugleichen. Denn im Jahr 2023 fahren die Versicherer hohe Verluste ein. Diese belaufen sich nach einer Prognose des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) auf mehr als 2,5 Milliarden Euro.
„Die Autofahrer zahlen in diesem Jahr für die Absicherung ihrer Fahrzeuge rund 30,2 Milliarden Euro – aber die Versicherer müssen über 32,8 Milliarden Euro für Schäden und Verwaltung ausgeben. Unter dem Strich stehen jedem eingenommenen Euro Ausgaben von 1,09 Euro gegenüber“, erläutert GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen die Lage.
Bereits steigende Prämien
Dabei sind die Prämien in der Kfz-Versicherung 2023 schon deutlich gestiegen. Das geht aus einer Analyse des Vergleichsportals Verivox hervor. „Über alle Versicherungsarten hinweg liegen die Preise im Marktdurchschnitt derzeit um 8,8 Prozent über dem Vorjahresniveau, wie der Kfz-Versicherungsindex von Verivox zeigt“, so das Unternehmen auf Anfrage. Verivox berechnet den Kfz-Versicherungsindex gemeinsam mit dem Statistik-Experten Professor Wolfgang Bischof von der Hochschule Augsburg. Dabei wird ein statistisches Verfahren angewendet, um die reale Preisentwicklung zu ermitteln. Zur Wechselsaison 2022/23 hatte die Branche die Prämien lediglich um 2,3 Prozent angehoben, wie die Gen Re ermittelt hat. Grund für diese zögerliche Haltung der Kfz-Versicherer war die Angst vor Marktanteilsverlusten.
„Schwarze Null“ nur bei zweistelliger Prämienerhöhung
Jetzt scheint sich aber das Blatt zu wenden. „Wir stellen deutlich mehr Tarifänderungen als in den Vorjahren fest“, so das Softwarehaus Nafi aus Höxter. Das Unternehmen betreibt den größten Vergleichsrechner für die Kfz-Versicherung. Schon im April hatte Jörg Rheinländer, Vorstand beim größten Kfz-Versicherer Deutschlands, der Huk-Coburg Gruppe, gewarnt, dass „die Autoversicherung tiefrot“ werde. Zum Umfang der Preiserhöhungen in der Kfz-Versicherer für das nächste Jahr wollte der GDV sich nicht äußern. „Aller Voraussicht muss die Prämienerhöhung in der Autoversicherung branchenweit 2024 wohl zweistellig ausfallen, um nur eine „schwarze Null““ zu erreichen“, sagte hingegen auf Anfrage Marco Morawetz von der Gen Re. Der Rückversicherer wertet regelmäßig die Entwicklung eines Großteils der Kfz-Tarife am Markt aus.
Gestiegene Unfallzahlen und somit mehr Schäden
Ein Indiz für die hohen Prämiensteigerungen ist auch, dass die Ausgaben der Versicherer um zwölf Prozent gestiegen sind, während die Einnahmen laut GDV sich nur um 3,7 Prozent erhöhten. Ein Teil dieser Erhöhungen dürften aber auch darauf zurückzuführen sein, dass wieder mehr Autos neu zum Verkehr zugelassen werden. So meldete das Kraftfahrtbundesamt für den Zeitraum von Januar bis Juni 2023 ein PKW-Zulassungsplus von 12,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. „Sowohl die Ersatzteile als auch die Arbeit in den Kfz-Werkstätten werden immer teurer“, erläutert GDV-Mann Asmussen. Dieser Trend zeige sich bereits seit Längerem.
„Im vergangenen Jahr dürfte ein durchschnittlicher Sachschaden in der Kfz-Haftpflichtversicherung von Pkw mit rund 3.700 Euro zu Buche geschlagen haben – 2013 waren es noch 2.400 Euro“, so Asmussen. Zusätzlich zu den höheren Reparaturkosten stiegen nach dem Ende der Corona-bedingten Mobilitätseinschränkungen zudem die Unfallzahlen und damit die Schäden weiter an.
Verbraucher könnten trotzdem sparen
Weiterhin gibt es aber in der Kfz-Versicherung ein starkes Preisgefälle, wie Stichproben über das Nafi-Vergleichsprogramm zeigen. Daher könnten viele Autobesitzer auch bei allgemein steigenden Prämien sparen, wenn sie die Preise vergleichen. Laut einer Befragung des Beratungsunternehmens Simon-Kucher & Partners sagten schon im Vorjahr rund 46 Prozent der Bundesbürger, dass sie derzeit mehr sparen müssen. Daher dürften starke Prämienerhöhungen die Autofahrer aktuell schneller dazu treiben, Prämien zu vergleichen und teurere Anbieter zu verlassen. Immerhin gibt es bei jeder Erhöhung ein Sonderkündigungsrecht. Der Branche dürfte daher ein heißer Herbst ins Haus stehen.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek