Die Zukunft des Versicherungsvertriebs geht nur über Technologie

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Der Insurtech Hub Munich (ITHM) und das Beratungsunternehmen Roland Berger haben in Zusammenarbeit ein White Paper erstellt, in dem die Entwicklung des Versicherungsvertriebs bis 2028 nachgezeichnet werden soll. Das Paper kommt zu dem Ergebnis, dass die Vertriebslandschaft in Zukunft deutlich heterogener und der Einsatz von Technologien wie Künstlicher Intelligenz (KI) entscheidend sein werde.

Laut dem Paper werde sich die Vertriebskapazität bis 2028 um 25 bis 30 Prozent verringern. Grund dafür sei der demografische Wandel. Zugleich solle die Größe und Verhandlungsmacht von Vertriebseinheiten durch Konsolidierung weiter steigen. Der Trend zu größeren, autonomen Makleragenturen werde anhalten, während sich die Anzahl möglicher Partner im Mittelstandsmakler-Segment durchgehend verringere. "Diese Entwicklungen stärken die Verhandlungsmacht der Vertriebspartner und schränken die Spielräume der Versicherer ein", sagt Claudia Fell, Senior Partner bei Roland Berger.

Erwartete Veränderungen in anderen Geschäftsfeldern, unter anderem abnehmendes Neugeschäft im Bereich Lebensversicherung, könne zu kleineren Provisionstöpfen für traditionelle Betriebe führen. Digitale Abschlüsse werden weiter zunehmen und der Trend weg vom Individual- und hin zum Kollektivgeschäft anhalten, was laut dem White Paper ebenfalls weniger Provisionen für die meisten Vermittler bedeutet. Damit würde der Vertrieb auf für Nachwuchskräfte unattraktiver.

Einsatz von Technologie wird entscheidend

Um den Versicherungsvertrieb auch 2028 noch erfolgreich zu gestalten, solle deshalb entscheidend sein, wie neue Technologien im Kontakt mit Kundinnen und Kunden sowie bei den Vertriebswegen eingesetzt werden. "Um Kundenerwartungen rund um Personalisierung, Transparenz und Erreichbarkeit trotz rückläufiger Vertriebskapazitäten gerecht zu werden, ergeben sich durch den Einsatz von Technologien wie KI und Data Analytics vielversprechende Möglichkeiten," betont Esther Prax, ITHM-Programme Director. So sollen in der Ausschließlichkeitsorganisation Ansätze denkbar sein, die von der Lead-Generierung und -Konvertierung über die Vorbereitung von Kundengesprächen mit „Best-Product-Empfehlungen“ bis hin zur digitalen Ausakquirierung von Vermittlerbeständen reichen.

Versicherer sollten sich mehr auf die individuellen Anforderungen ihrer Vertriebspartner ausrichten, so das White Paper weiter. Denn Vermittlerinnen und Vermittler würden sich künftig verstärkt für die Unternehmen entscheiden, die ihnen technologische Mehrwerte bieten können, sie also effektiv unterstützen und so ihre Provisionseinnahmen maximieren. Dasselbe gelte bei Maklern und Pools.

Ein zu langes beharren auf klassischen Produkten und geringe Investitionen in neue Technologien wiederum könnten den Vermittlerschwund noch einmal verstärken. "Inwieweit eine technologische Aufrüstung der vertrieblichen Wertschöpfungskette gelingt, wird in den kommenden Jahren ein zusätzliches Differenzierungskriterium der Versicherer gegenüber ihren Vertriebspartnern", so Claudia Fell.

Deshalb empfiehlt das White Paper Versicherern mehr Zusammenarbeit mit Spezialanbietern und Insurtechs, gerade bei Komponenten, die großes technologisches Knowhow voraussetzen. "Bei der Entscheidung, ob etwas intern entwickelt oder von externen Partnern bezogen wird, ist Geschwindigkeit ein besonders relevantes Kriterium. Insbesondere in Bezug auf aufstrebende Technologien wie generativer KI, können Insurtechs und Technologieanbieter Versicherern helfen, diese rasch und gewinnbringend einzusetzen", sagt Esther Prax.

Individualisierung statt "One-Size-Fits-All"

Die neuen Technologien müssten aber richtig angewendet werden, um Erfolg zu bringen. Das heißt, Versicherer müssten sich auf die unterschiedlichen Ansprüche der Vertriebswege und ihrer jeweiligen Profitabilitätstreiber einstellen. Claudia Fell kommentiert: "Der 'One-size-fits-all'- Ansatz verspricht künftig keinen Erfolg mehr." Analysen von Roland Berger zeigten schon heute, dass Versicherer, die gezielt auf Anforderungen der jeweiligen Vertriebswege eingehen, deutlich schneller wachsen als so genannte Multikanalversicherer. Durchschnittlich wären Prämien zwischen 2017 und 2022 jährlich bei Maklerversicherern und AO-Versicherern mehr als doppelt so stark gestiegen (4,6 beziehungsweise 4,8 Prozent), als bei Maklerversicherern (2,2 Prozent).

Aufgrund all dieser Thesen empfiehlt das White Paper Versicherern, die auch 2028 erfolgreich sein wollen, dass sie schon jetzt ihrer strategische Positionierung entlang der Vertriebswege klar ausrichten sollten.

Quelle: Insurtech Hub Munich

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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