Das Private-Equity-Unternehmen Hg mit Sitz in London, München und New York hat die Mehrheit an dem Maklerpool Fonds Finanz übernommen. Diese Übernahme beunruhigt die Branche zusehends.
Die Münchener Fonds Finanz ist der nach der Zahl angeschlossener Makler mit Abstand größte Maklerpool. Das Unternehmen hat 420 Angestellte, 150 Regionaldirektoren und arbeitet derzeit mit etwa 28.000 Maklern zusammen. 2021 generierte der Maklerpool 192,5 Millionen Euro bei einem Gewinn von 7,1 Millionen Euro vor Steuern. Vor Kurzem warb der Pool noch mit dem Claim „Zu 100% unabhängig und inhabergeführt“. Das ist jetzt vorbei, denn der britische Finanzinvestor Hg hat zum Jahreswechsel 60 Prozent der Gesellschaftsanteile von den Eigentümern Norbert Porazik und Markus Kiener übernommen. Porazik und Kiener halten weiter 40 Prozent der Anteile und sind weiter Geschäftsführer der Fonds Finanz. Wie verlautet, erwirbt HG nicht nur die Mehrheit an der Fonds Finanz, sondern auch an einigen IT-Dienstleistern, die Kiener und Porazik direkt gehören.
Hg ist eine Private-Equity-Firma, die auf Technologie-Buy-outs hauptsächlich in Europa und den USA abzielt. Hg konzentriert sich auf Investitionen in Technologie- und Dienstleistungssektoren und verwaltet derzeit ein Kapital von rund 40 Milliarden US-Dollar. Das Unternehmen ist in Deutschland nicht unbekannt und bereits unter anderem an dem Deckungskonzeptanbieter Conceptif beteiligt, sowie dem Gewerbesachmakler GGW, in der mindestens 17 übernommene Maklerunternehmen gebündelt sind, und dem Spezialmakler Howden.
Wachsende Maklerpools
Soweit die Fakten. Von Fonds Finanz heißt es: „Die Partnerschaft ermöglicht es dem Maklerpool, sich an attraktiven Unternehmen zu beteiligen, um das Angebot für die Vertriebspartner massiv auszubauen und zukunftsweisende Technologien einzuführen.“ Die Beteiligung sei ein Startschuss für eine Transformation der Pool-Landschaft in Deutschland. Gründer und Eigentümer Porazik, das Gesicht von Fonds Finanz, machte die Intention des Deals klar: „Gemeinsam mit Hg werden wir mit gezielten Firmenübernahmen den Maklerpool der Zukunft aufbauen“ und „Unser klares Ziel ist weiteres Wachstum“. Keine Frage, hier soll ein neuer europäischer Superpool entstehen.
Ein Ziel, das auch Blau Direkt vor Augen hat und offen formuliert. So erwirtschaftete der Lübecker Maklerpool bis Mitte Dezember des Vorjahres einen neuen Umsatzrekord von 123 Millionen Euro, ein Wachstum von 50,2 Prozent in den Provisionseinnahmen. Geschäftsführer Lars Drückhammer unterstreicht die eigenen Ambitionen zum Aufbau eines Superpools. Das Wachstum sei ohne Zukauf und – mit einem Seitenhieb auf Fonds Finanz – ohne Investoren gelungen. Wörtlich: „Wenn wir diese Wachstumsgeschwindigkeit halten, werden wir nächstes Jahr nicht nur die Fonds Finanz als Marktführer ablösen, sondern entwickeln uns spätestens bis Ende 2023 aus eigener Kraft zu einem marktgestaltenden Superpool.“
BCA sieht Übernahme eher gelassen
Bei BCA sieht man die Übernahme eher gelassen. Gegenüber Versicherungsmagazin online meint Rolf Schünemann, Vorstandsvorsitzender der BCA AG, dass es doch zunächst ein gutes Zeichen sei, wenn der Makler- und Maklerpoolmarkt bei international agierenden Investoren deutlich an Attraktivität gewinne. Und: „Dies ist eine erfreuliche Entwicklung, die uns jedoch keinesfalls überrascht. Zunehmende Anforderungen, regulatorische Voraussetzungen und Kostendruck führen im Maklerwettbewerb dazu, dass gut aufgestellte Maklerpools mit Full-Service-Dienstleistungen, digitalem Serviceangebot und breit gefächertem Produktuniversum künftig noch stärker durch Vermittler nachgefragt werden. Folglich sind Maklerdienstleister inzwischen sehr interessante Investitionsobjekte für global tätige Konzerne.“ Und weiter: „Sofern Fonds Finanz wie angekündigt gezielte Firmenübernahmen tätigen sollte, dann wird dies die Konsolidierung im Markt weiter beschleunigen. Der Markt und der Wettbewerb bleiben auf jeden Fall spannend.“
Makler sind unabhängig
Es stellt sich die Frage, welche Auswirkungen ein oder zwei Superpools in einer ansonsten weitgehend fragmentierten Poolandschaft auf den Markt und für die Makler haben. Die Maklerpool-Studie „Poolradar 2020“ von Sabine Brunotte listet 39 Maklerpools und -verbünde am deutschen Markt auf. Makler sind per se unabhängig und können sich ihre Partner aussuchen, mit denen sie zusammenarbeiten wollen. Viele Maklerpools oder -verbünde gehören schließlich den Maklern selbst wie etwa Vema oder Charta – über eine Genossenschaft oder eine Aktiengesellschaft. Solange es diese Auswahl gibt, kann von einem monopolistischen Markt keine Rede sein.
Viele Makler sind auf die Maklerpools angewiesen, um überhaupt agieren zu können. Vor allem kleinere Makler haben etwa mangels Umsatzgröße Probleme beim Marktzugang zu den Versicherern. Pools bieten darüber hinaus Möglichkeiten, die gesetzlich vorgeschriebenen Weiterbildungsmaßnahmen zu absolvieren, sie bieten dazu Vergleichs- und Verwaltungsprogramme, Archivierungssysteme, Deckungskonzepte und digitalen Datentransfer. Bei allen diesen Themen, vor allem in seinen Geschäftsprozessen, sollte sich jedoch ein Makler nicht zu sehr abhängig von einem Pool machen. Die Unabhängigkeit ist das Asset des Maklers. Darauf sollten sie bei der Poolauswahl achten. Denn Poolinteressen sind nicht immer zwingend die Interessen des Maklers.
Auch der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) warnt auf der Grundlage der Studie „Pools und Dienstleister für Versicherungsmakler“: „Die Studie zeigt …, dass Makler nicht immer ein hinreichendes Bewusstsein für die Risiken der Abhängigkeit von Dienstleistern haben. Die Gefahren für die eigene Sachwalterrolle werden ebenso verdrängt wie die Tatsache, dass Kunden nicht immer optimal bedient werden“, so BVK-Vizepräsident Andreas Vollmer.
Erhöhte Kosten für Makler können die Folge sein
Und die Interessen eines Finanzinvestors sind immer die gleichen: gutes Geld für seine Anteilseigner verdienen. Das ist in einer Marktwirtschaft nicht ehrenrührig. Dementsprechend wird der Investor seine Gewinne nach oben treiben wollen, etwa durch erhöhte Margen. Bessere Einkaufskonditionen bei den Versicherern oder erhöhte Kosten für die Makler können die Folge sein. Makler sollten hier wachsam bleiben.
Autor(en): Bernhard Rudolf