Betriebliche Altersversorgung: Massive Wissensdefizite

740px 535px

Massive Wissensdefizite zur Betriebsrente zeigen gleich zwei Umfragen auf. Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber müssen anscheinend in Sachen betrieblicher Altersversorgung (bAV) nochmals die Schulbank drücken. Für Vertriebe ist die Wissensvermittlung ein interessantes Entrée zu den Arbeitgebern und der Belegschaft.

Bei den neuen Vorgaben zur Zuschusspflicht, die ab 2019 für alle neuen Betriebsrenten gelten, gibt es deutliche Wissenslücken. So müssen die Arbeitgeber nach dem Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) immer dann, wenn sie Sozialabgaben sparen, 15 Prozent Zuschüsse zur Betriebsrente an ihre Mitarbeiter zahlen. Eine Umfrage unter 528 Unternehmensentscheidern im Auftrag der Signal Iduna zeigt, dass nur 17 Prozent Bescheid wissen. 15 Prozent der befragten Chefs sind der Meinung, dass sie grundsätzlich einen Zuschuss leisten müssen, auch wenn sie durch die Entgeltumwandlung keine Sozialbeiträge sparen. Das ist aber nicht der Fall. Fast ein Viertel glaubt, dass der Zuschuss weiterhin vollkommen freiwillig ist.

43 Prozent der Arbeitgeber wissen nicht Bescheid

Noch größer ist die Gruppe derjenigen, die verunsichert sind. 43 Prozent sagten, dass sie die Frage nicht beantworten können oder machten einfach keine Angabe. Die Antworten wurden zwischen Ende November bis Anfang Dezember 2018 erhoben und sind aufgrund einer Gewichtung repräsentativ für die Arbeitgeber in Deutschland. Die Signal Iduna warnt davor, dass ohne Informationskampagne die Chancen des neuen BRSG verpuffen könnten. Immerhin informiert der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in zwei Beiträgen zu den Neuregelungen (5 Änderungen, 11.12.2018; Förderung von Betriebsrenten, 3.12.2018). Dort rechnet der GDV vor:

„Ein Arbeitnehmer schließt zum 1. Januar 2019 eine Direktversicherung über seinen Arbeitgeber ab. Von seinem Bruttoeinkommen von 3.000 Euro fließen monatlich 100 Euro per Gehaltsumwandlung in die Direktversicherung. Für diese 100 Euro muss der Arbeitnehmer keine Beiträge zur Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zahlen. Auch der Arbeitgeber profitiert, weil er den Arbeitgeberanteil ebenfalls nicht abführen muss. Allerdings muss der Arbeitgeber monatlich mindestens 15 Euro zur Direktversicherung des Arbeitnehmers beisteuern.“

Die Mehrheit ist mit der Reform zufrieden

Probleme gibt es auch, weil laut Umfrage einige Firmenchefs sich nicht darüber im Klaren sind, ob und wie der Zuschuss durch bestehende Versorgungsordnungen erfüllt werden kann. Die Mehrheit der Befragten – soweit sie die rechtlichen Regeln über den neuen Zuschuss kennen – sind aber mit der Reform zufrieden.

Ein Drittel der Arbeitnehmer erhält kein Angebot

Versicherer, wie die Provinzial Nord, haben dem Außendienst nun im Rahmen von Schulungen, Rundschreiben und Anpassung der Beratungssoftware über die Neuregelung im Neugeschäft informiert. Auch die Assekuranz aus Kiel hat bei Yougov eine repräsentative Umfrage zur bAV in Auftrag gegeben. Spannendes Ergebnis ist, dass immer noch ein Drittel der Arbeitnehmer vom eigenen Unternehmen keine Betriebsrente angeboten bekommt. Dabei haben seit Januar 2002 die Beschäftigten ein Recht auf Entgeltumwandlung im Rahmen der bAV. Daher fordert die Provinzial Nord, dass die Arbeitnehmer besser informiert werden müssen. Erst wenn sie ihren Anspruch kennen, könnten sie Arbeitgeber darauf ansprechen.

In der Umfrage für die Provinzial Nord wurden 860 Berufstätige befragt. Das Ergebnis zeigt, dass in Deutschland noch 57 Prozent aller Beschäftigten für eine Betriebsrente gewonnen werden können. Laut der Yougov-Umfrage schließt nur jeder Dritte Beschäftigte mit einem monatlichen Haushaltseinkommen unter 2.000 Euro einen bAV-Vertrag ab.

Anreize für Firmenchefs

Mit dem BRSG hat der Staat zusätzliche Anreize für Arbeitgeber geschaffen, die betriebliche Altersversorgung ihrer Mitarbeiter zu verbessern. Sie erhalten für Beschäftigte mit einem Einkommen bis monatlich 2.200 Euro eine Förderung. Liegt der Beitrag des Arbeitgebers zwischen jährlich 240 und 480 Euro, erhält der Arbeitgeber im Rahmen der Lohnsteuerverrechnung vom Staat einen Zuschuss in Höhe von 30 Prozent der Beiträge.

Auch das „größte Hemmnis bei der Riester-Betriebsrente“, dass sowohl auf die Beiträge als auch auf die Rentenleistungen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge erhoben wurden, ist laut GDV mittlerweile Geschichte. Die „Doppelverbeitragung“ der riestergeförderten Betriebsrenten wurde Anfang 2018 abgeschafft.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

Zum Themenspecial "bAV"

 

Alle Branche News