"Berufsstarter finden leichter ihren Platz"

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Trendforscher Sven Gábor Jánszky über Veränderungen in der Versicherungsbranche, die künftige Rolle von Maklern und was ihn bei der Versicherungs-Trendstudie "Versicherungen 2020: Kunden, Makler, Changeprozesse" überrascht hat.

VM: Gibt es ein Ergebnis, das Sie bei der Trendstudie "Versicherungen 2020: Kunden, Makler, Changeprozesse" überrascht hat?
Sven Gábor Jánszky: Als Trendforscher prognostizieren wir die Auswirkungen der Digitalisierung bereits seit zehn Jahren und haben größte Umwälzungen in den verschiedenen Branchen gesehen. Dass diese digitale Logik nun auch über die Versicherungsbranche kommt und sich damit die Marktpyramide und Kundensegmente radikal ändern, überrascht mich natürlich nicht.

Was allerdings überrascht, ist unsere Prognose zum künftigen Premiumsegment. Selbst in der Versicherungsbranche, die ihre Produkte für maximal "unsexy" hält, wird ein Segment entstehen, in dem Kunden die Versicherungsmarken, ihre Produkte oder die Makler als Identitätsmanager benutzen. Das bedeutet: Kunden drücken durch den Kauf einer Versicherung gegenüber ihren Freunden, Kollegen, Nachbarn, Familien aus, dass sie zu einer bestimmten Identität gehören. Ein Premiumprodukt hat dann nichts mehr mit der Logik: "Beste Qualität - höchster Preis" zu tun. Für viele meiner Gesprächspartner in den Vorständen der Versicherer klingt das nach wie vor unglaublich. Genauso unglaublich wie vor fünf Jahren die Prognose, dass das Internet die angeblich so vertrauensbasierte Versicherungsbranche verändern werde.

VM: Sehen Sie bereits Ansätze in der Versicherungsbranche, Ihre Handlungsempfehlungen zu beherzigen und umzusetzen?
Sven Gábor Jánszky: Ich stelle zunächst einmal eine hohe Gesprächsbereitschaft auf höchster Ebene fest. Meine Kollegen und ich geben uns derzeit bei den Strategieklausuren der Versicherungsvorstände die Klinken in die Hand. Auf besonderes Interesse stößt dabei die neue Kundensegmentierung für die Digital-Ära, die wir in der Studie „Versicherungen 2020“ präsentiert haben. Damit gibt es wohl erstmals die Chance, dass sich die Zukunftsdebatten der Branche den üblichen Pauschalargumenten entziehen.

Das ist der entscheidende Unterschied: Auf den Versicherungskongressen der letzten Jahre wurde häufig behauptet, alles werde digital. Der Folgeredner sagte dann, das stimme alles nicht. Beide hatten Recht, weil Nichts in der Zukunft pauschal und 100 Prozent ist. Doch nun sieht man in der neuen Marktpyramide, dass es neun Kundensegmente gibt, die sehr unterschiedlich mit Technologie, mit Datenfreigabe und dem persönlichen Beratungsbedürfnis umgehen. Man sieht dass die Digitallogik in sechs der neun Segmente wichtig ist, und in drei anderen nicht. Man sieht, dass Makler in zwei der neun Segmente eine gute Zukunft haben, in den anderen aber nicht. Nach meinem Eindruck führt diese neue Segmentierung dazu, dass jetzt Strategieprozesse bei den Versicherern starten, in denen festgelegt wird, auf welche Segmente das jeweilige Unternehmen künftig zielt und welche Strategien dafür nötig sind.

VM: Kann man angesichts all dieser Herausforderungen überhaupt noch empfehlen, seinen Berufsstart in der Versicherungsbranche zu wagen? Welche Typen Mensch sind künftig erfolgreich als Versicherungsmakler?
Sven Gábor Jánszky: Es gibt zwei sehr vielversprechende Kundensegmente für die Makler. In dem einen Segment wird der Makler zu einer Art "Life-Coach", der den Kunden als persönlicher Risikomanager begleitet. Er sieht seine Kunden oft, hat deren Vertrauen, trifft Entscheidungen im Rahmen eines vordefinierten Budgets auch allein für seine Kunden. Vermutlich wird er in einem Netzwerk mit anderen Coaches für Gesundheit, Finanzen, Bildung und Karriere agieren. Im anderen Segment wird der Makler zum "Identitätsmanager". Er ist Teil einer kleinen, geschlossenen Community, kennt deren Themen, feiert deren Partys und lebt deren Lebensstil. Hier wird der Makler zur Personenmarke. Der Kunde will durch die Beauftragung dieses Maklers zeigen, dass er auch zur Community gehört.

Beide Arten von Maklern sind attraktive Tätigkeiten mit hoher Befriedigung und guten Verdiensten. Das einzige Problem ist: Bei weitem nicht alle der heutigen Makler werden in diesen beiden Segmenten Platz finden. Und sehr wenige der heutigen Makler haben die entsprechenden Kompetenzen. Deshalb werden die heutigen Berufsstarter vermutlich ihren Platz im Markt der Zukunft einfacher finden als viele der langjährig erfahrenen Makler.



Zur Person:
Der 2b Ahead Thinktank gilt als eines der innovativsten Trendforschungsinstitute Deutschlands. Sein Direktor, der Trendforscher Sven Gábor Jánszky (41) lädt seit zwölf Jahren die CEOs und Innovationschefs der deutschen Wirtschaft ein. Unter seiner Leitung entwerfen sie Zukunfts-Szenarien und Strategieempfehlungen für die kommenden zehn Jahre. Jánszky coacht Manager und Unternehmen in Prozessen des Trend- und Innovationsmanagements, führt Kreativprozesse zur Produktentwicklung und ist gefragter Keynotespeaker auf Strategietagungen.

Er ist Präsident des Verwaltungsrates der 2b Ahead Thinktank AG in St. Gallen, Aufsichtsrat der Karlshochschule International University und Unternehmensbeirat der Management Circle AG. In seinen Trendbüchern "2025" und "2020 - So leben wir in der Zukunft" beschreibt der den Wandel der Geschäftsmodelle in den kommenden zehn Jahren. In seinem Strategiebuch "Rulebreaker- So denken Menschen, deren Ideen die Welt verändern" analysiert er, mit welchen Strategien die stärksten Markteroberungen gelingen. Jánszky war Vize-Jugend-Mannschafts-DDR-Meister im Schach 1988. Er bestieg den Kilimandscharo und läuft 2014 seinen 20. Marathon.

Einen ausführlichen Beitrag zur Trendstudie "Versicherungen 2020: Kunden, Makler, Changeprozesse" können Sie in der Juli-Ausgabe von Versicherungsmagazin lesen.
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Autor(en): Anja Kühner

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