Markus Dornseifer ist Versicherungsvertreter von der Pike auf. Derzeit arbeitet er noch in einer Agentur zu, jetzt möchte er selbstständiger Agenturleiter werden. Auf seinem Weg dorthin beschreibt er seine Erlebnisse, die Versicherungsmagazin regelmäßig veröffentlichen wird. Hier der Blogeintrag 1.
Im Vertrieb lebst du von Netzwerken. Soll ich also nach 24 Jahren an einem Standort die Versicherungsagentur wechseln? - Was für eine Frage. Die meisten Leser würden bei diesem Informationsstatus spontan "Nein" sagen.
Ich bin inklusive der Ausbildung lange im südsauerländischen Wenden tätig gewesen. Elf Dörfer mit circa 20.000 Einwohner liegen um die Agentur herum. Wenn man als Ausschließlichkeitsvermittler der Westfälischen Provinzial so lange vor Ort ist, hat man sicher nicht alles verkehrt gemacht. Man kennt seine Kunden, egal ob Privatkunden, die Handwerker vor Ort und auch die Gewerbe- und Landwirtschaftskunden sind keine Fremden.
Doch mit Mitte 40 frage ich mich auch, ob ich nochmal etwas anderes oder mehr möchte. Und da ist dieses Faible der Personalentwicklung, der Teamführung und der Unternehmergeist ... Antreiber, die mich seit Jahren begleiten. Leider konnte ich in der Vergangenheit keinen dieser Antreiber befriedigend ausleben.
Chance zur eigenen Agentur
Als aus der Organisation eine Idee an mich heran getragen wurde, war ich neugierig. Gar nicht weit entfernt geht in Kürze eine verdiente Geschäftsstellenleiterin in Ruhestand. Eine Nachfolgerin steht schon in den Startlöchern, möchte das aber nicht alleine machen. Wir vereinbaren uns zu einem Gespräch. Das läuft super - Gedanken, Pläne, Wünsche, Ziele sind sehr deckungsgleich. Wir entscheiden, dass es erst einmal weiter gehen soll. Zweites Gespräch, dann das dritte. Jetzt ist eigentlich schon klar, dass wir das gemeinsam rocken wollen. Macht die Orga mit? Ja, macht sie. Es werden konkrete Pläne aufgestellt, zum Beispiel möchte ich ein sauberes Ausscheiden aus der alten Agentur und einen rechtzeitigen Einstieg in der neuen, um dort Mitarbeiter, Strukturen und Kunden kennen zu lernen. Das alles ist im Januar 2020 fixiert. Der Standortwechsel soll zum 1. Juli 2020 umgesetzt werden, die Agenturübernahme zum 1. Februar 2021.
Nach einem gemütlichen Abschiedsabend mit den alten Kollegen Ende Juni, geht es am 1. Juli 2020 zum ersten Mal in die neue Agentur. Was mich wohl erwartet?
Zunächst einmal viel Neugier - und zwar von beiden Seiten. Die Mitarbeiter in Altenhundem (ebenfalls Sauerland) sind gespannt auf mich und ich auf sie. Die Agenturinhaberin begrüßt mich freundlich und teilt öffentlich mit, dass sie froh sei mich an Bord zu haben. Meine zukünftige Geschäftspartnerin ist an dem Tag bis über beide Ohren mit Arbeit eingedeckt. Zwischendurch ein kurzes "Hallo, schön, dass es jetzt los geht" dann ist sie schon wieder im Gespräch mit Kunden. So muss das sein. Als dann auch noch der Bezirksdirektor zu Besuch kommt, wird mir klar, dass hier gerade etwas ganz Neues für mich beginnt. Was mich dann allerdings von den Socken haut, ist ein weiterer Besuch: Meine Eltern (79 und 74 Jahre) kommen extra vorbei, gratulieren zur Selbstständigkeit und überreichen mir ein Motivationsbild und eine Flasche Sekt - das ist der Hammer! Irgendwann ist dieser emotionale und aufregende erste Tag zu Ende. Auch meine Frau und meine Kinder haben viele Fragen ...
Erste Schritte zur Umsetzung
Der Juli verläuft so wie man es im Vertrieb gewohnt ist. Viele Kunden sind im Urlaub und es ist etwas ruhiger als normal. Das gibt nötige Freiräume für Gespräche mit den Mitarbeitern und vor allem mit der zukünftigen Geschäftspartnerin. Pläne werden geschmiedet und vieles wird in wenigen Tagen angestoßen:
- Wir haben eine Philosophie für das Büro entwickelt und wollen diese transparent an Mitarbeiter und Kunden vermitteln.
- Ein Umzug in ein neues Büro soll möglichst zum 1. Februar 2021 geschafft werden.
- Das neue Corporate-Design-Konzept der Provinzial wirkt sehr ansprechend und soll dann ebenfalls Teil des neuen Büros werden.
- Ein Programm zur ganzheitlichen Beratung wird derzeit nicht genutzt; die Mitarbeiter sollen die Positionierung, als auch die technische Umsetzung kennen lernen.
- Wir wollen Ausbildung ab August 2021 ermöglichen; die Kommunikation mit entsprechenden Stellen wird forciert.
- Es liegen Bewerbungen für innen- und Außendienst vor; die Gespräche werden geplant.
Es ist schon eine ganze Menge, was angeschoben wird. Aber da wir noch nicht in "Amt und Würden" sind, fühlt sich vieles noch nicht greifbar an. Außerdem heißt anschieben auch, dass es nur die ersten Schritte sind, die wir gehen können. Da kommen mir die allseits bekannten Motivationssprüche in den Sinn wie "Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt" oder auch "Mit einem Ziel vor Augen fühlt sich auch der schwierigste Weg leicht an".
Mitte Juli möchten wir dem aktuellen Team unsere Vorstellungen erläutern und erfragen, welche Wünsche und Ziele sie denn nach der Agenturübernahme haben. Der Teamworkshop bei Pizza, kühlen Getränken und 80 Prozent strukturiertem und 20 Prozent vorher nicht geplantem Gespräch ist ein voller Erfolg. In den rund drei Stunden wird gelacht, gescherzt und vor allem sehr positiv in die Zukunft gedacht und diskutiert.
Und sonst so? Ja,die ersten Kundentermine finden statt. Bin ich etwa nervös? Ja, das ist nicht zu leugnen. Auch nach 24 Jahren Vertrieb und gefühlt eine Millionen Erfahrungen gebe ich gerne zu, dass die ersten zwei Gespräche bei mir eine positive Unruhe ausgelöst haben. Die Bestätigung meiner Vorgehensweise und Gesprächsführung folgt prompt: die Kunden freuen sich über und auf mich. Das lässt sich gut an und macht optimistisch für die weiteren Gespräche - die tatsächlich in ähnlicher Atmosphäre stattfinden.
Stress - wenn man es denn so nennen möchte - gibt es tatsächlich nur einmal kurz, als ein Gewerbekunde die aktuelle Agenturinhaberin fragt, ob ich ihr Nachfolger sei. Das habe er aus meinen Angaben bei Xing gelesen. Sie fühlt sich ein wenig überrumpelt und weiß nicht so recht was sie ihm sagen soll. Ich merke, dass sie noch sehr an ihrem Job und ihren Kunden hängt. Das finde ich große Klasse, denn das zeigt mir beziehungsweise uns, dass der "Bestand" bis zum Schluss gepflegt wird. Hier ist Leidenschaft - und diese Eigenschaft lohnt sich mit allen verfügbaren Arbeitskräften fortzusetzen.
Mal sehen was der nächste Monat bringt ...
Autor(en): Markus Dornseifer