Die Ampel ist zerbrochen. Was hat das für Folgen für die Finanzdienstleistungsbranche und die Vermittlerschaft? Keine positiven befürchten die Verbände AfW und BVK. Und der GDV befürchtet, dass die Reform der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge nicht kommen wird.
Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) glaubt, dass durch das Scheitern der Ampel-Regierung die Interessenwahrung der Vermittlerschaft sowie die Reform der privaten Altersvorsorge in einer kritischen Lage sind.
Mögliche Zitterpartie für die Vermittlerschaft in Deutschland
„Deutschland braucht jetzt angesichts großer wirtschaftlicher Herausforderungen zügig eine handlungsfähige und solide arbeitende Regierung“, fordert BVK-Präsident Michael H. Heinz. „Wir sind daher sehr skeptisch, ob der Plan von Bundeskanzler Olaf Scholz funktionieren wird, mit einer Minderheitsregierung die noch ausstehenden Gesetzesvorhaben, wie unter anderem die Reform der geförderten privaten Altersvorsorge, bis Jahresende im Bundestag zu verabschieden. Angesichts der Forderung des CDU-Vorsitzenden und Oppositionsführers Friedrich Merz nach einer sofortigen Vertrauensfrage und Neuwahlen, ist dies sogar eher unwahrscheinlich. Dabei ist die Reform der privaten Altersvorsorge in Anbetracht des demografischen Wandels und der bevorstehenden Verrentung der Babyboomer-Generation sowie in Verantwortung vor der jungen Generation nötiger denn je.“
Unsicherheiten befürchtet der BVK auch hinsichtlich der Interimsbesetzung des Bundesfinanzministeriums vor dem Hintergrund der anstehenden Trilog-Verhandlungen zur EU-Kleinanlegerstrategie sowie der Neubesetzung der EU-Finanzkommissarin. „Im Hinblick auf die Diskussion zu Provisionsbeschränkungen könnte diese Konstellation in den nächsten Monaten eine Zitterpartie für die Vermittlerschaft in Deutschland bedeuten.“ Der BVK wird die Veränderungen in Berlin weiter eng begleiten und steht im Austausch mit der Politik. Am vergangenen Dienstag hätte bereits ein intensiver Austausch mit dem CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann im Rahmen des BVK-Hauptstadtclubs stattgefunden.
Stabilität und Berechenbarkeit für Finanzdienstleistungsbranche essenziell
Der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW hofft ebenfalss auf eine rasche Klärung der politischen Verhältnisse und die Bildung einer stabilen neuen Regierung, die die Interessen der Bürgerinnen und Bürger im Blick hat. Stabilität und Berechenbarkeit seien für die Finanzdienstleistungsbranche essenziell, um das Vertrauen von Verbrauchern und Marktteilnehmern zu erhalten.
Gerade angesichts der aktuellen globalen Entwicklungen, wie den jüngsten Wahlen in den USA, sei Stabilität ein entscheidender Faktor für die erfolgreiche Weiterentwicklung der deutschen Finanz- und Versicherungswirtschaft. Eine verlässliche politische Führung sei notwendig, um Reformen, insbesondere im Bereich der Altersvorsorge aber auch bei der Förderung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des deutschen und europäischen Finanzmarktes, voranzutreiben.
Durchdachte Neuregelung der geförderten privaten Altersvorsorge dringend notwendig
Mit Blick auf die geförderte private Altersvorsorge, insbesondere das geplante Altersvorsorgedepot, sieht der AfW die aktuellen Entwicklungen mit Sorge. Der vorgelegte Referentenentwurf des Bundesministeriums für Finanzen wurde von vielen Seiten, auch innerhalb der Versicherungs- und Finanzbranche, grundsätzlich positiv aufgenommen und als eine notwendige Modernisierung der geförderten Altersvorsorge angesehen. Der Entwurf hätte eine echte Chance für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die private Altersvorsorge geliefert.
Leider sei nun mehr als fraglich, ob es bis zur Amtsübernahme einer neuen Regierung überhaupt noch zu einer Umsetzung dieses Entwurfs kommen werde. Es bestehe die Gefahr, dass die politischen Unsicherheiten dazu führten, dass dringend benötigte Reformen erneut weiter verschoben würden. Der AfW ist der Meinung, dass eine klare und durchdachte Neuregelung der geförderten privaten Altersvorsorge dringend notwendig ist.
Im Gespräch mit dem Finanzexperten Dr. Carsten Brodesser, CDU-Mitglied im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages, auf dem gestrigen AfW-Hauptstadtgipfel hätte dieser große Sympathie für den Gesetzesentwurf gezeigt. Dies lasse hoffen, dass eine voraussichtlich CDU-geführte Regierung schnell und überlegt handeln würde, um die Reform der geförderten privaten Altersvorsorge voranzutreiben.
Der Optimismus hält sich sehr in Grenzen
„In Verantwortung für dringend gebotene Reformen könnte auch die jetzige Rumpfregierung mehrheitsfähige Vorhaben weiter umsetzen. Man muss nur wollen! Olaf Scholz hatte aber schon als Finanzminister in der letzten Legislaturperiode die notwendige Riester-Reform blockiert. Insofern hält sich unser diesbezüglicher Optimismus sehr in Grenzen. Nachhaltige Reformen der gesetzlichen und privaten Altersvorsorge sind dringend erforderlich, um langfristig stabile und verlässliche Rahmenbedingungen zu gewährleisten.“ betont Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW.
Quellen: AfW, BVK
Autor(en): versicherungsmagazin.de