Im Streit gegen die Gothaer Lebensversicherung um angeblich intransparente Versicherungsbedingungen zur staatlich geförderten Riester-Rente will der Bund der Versicherten (BdV) einen Sieg errungen haben. Der Versicherer prüft derzeit eine Berufung. Noch gibt es kein rechtskräftiges Urteil.
"Die Gothaer darf unter anderem nicht mehr mit Muster-Produktinformationsblättern werben, die rechnerisch falsch und rechtswidrig sind“" sagte BdV-Chef Axel Kleinlein nach einer mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Köln (AZ 26 O 6/18). Die Verbraucherschützer haben nach eigenen Angaben insgesamt 41 Klausen im Produktinformationsblatt für den Riester-Rententarif "ErgänzungsVorsorge ReFlex" der Gothaer angegriffen. Laut Kleinlein hätte die Gothaer die Abschlusskosten unrechtmäßig zu hoch angesetzt. Diese seien aber bei bestimmten Lebensversicherungsverträgen gesetzlich gedeckelt. Kleinlein warf dem Kölner Lebensversicherer "Abschlusskosten-Wucher" vor.
Abschlusskosten bei 160 Promille?
Für einen Beispielvertrag mit 40 Jahren Laufzeit und einer Beitragssumme von 41.842 Euro würden Abschlusskosten in Höhe von 6.802 Euro verrechnet. Das wären über 160 Promille. Zudem kämen noch Verwaltungskosten hinzu. Rechtlicht dürfte der Versicherer bei vorausbelasteten Abschlusskosten 25 Promille aber nicht übersteigen.
Nach Ansicht des BdV hat die Gothaer auch die für Riester-Verträge verpflichtende nominale Kapitalerhaltsgarantie nicht erfüllt. Laut dem Muster-Produktinformationsblatt würden nur die eingezahlten Beiträge, aber nicht die geflossenen Zulagen garantiert.
Verbraucherschützer rechnen einseitig
Die Gothaer Lebensversicherung verweist darauf, dass es sich um ein erstinstanzliches Verfahren handelt, das noch nicht rechtskräftig sei. "Derzeit sind wir in einer detaillierten Prüfung des Urteils und behalten uns vor, in Berufung zu gehen", so eine Sprecherin. Aus diesem Grund könne zu Zeit noch nicht zu Einzelheiten Stellung genommen werden.
Der Versicherer verweist aber darauf, dass der beanstandete Riester-Tarif "Reflex" von der zuständigen Behörde, dem Bundeszentralamt für Steuern, zertifiziert wurde. Somit gehe man von der Gesetzeskonformität der Ausgestaltung des Produktes aus. Die vom BdV kritisierten Abschlusskosten in Höhe von 160 Promille basierten auf einer "einseitigen Darstellung der Kostenermittlung". Tatsächlich würde von den Beiträgen und Zulagen der Kunden 25 Promille Abschlusskosten berechnet. Allerdings fielen zusätzliche Abschlusskosten in Abhängigkeit der Performance der zugrunde liegenden Kapitalanlage an. "Eine sehr gute Fondsperformance führt daher zu höheren Abschlusskosten, aber eben auch zu deutlich höheren Leistungen für den Kunden", erläuterte die Gothaer. Zudem verwies der Versicherer darauf, dass der Gegenstand des Verfahrens nicht die Höhe, sondern ausschließlich die Verteilung der Abschlusskosten über die Laufzeit sei.
Gericht stärkt Verbandsklagerecht
Der BdV sieht sich auch in anderer Hinsicht durch das Landgericht Köln bestätigt. So habe das Gericht klargestellt, dass auch das Produktinformationsblatt unter das Verbandsklagerecht fällt. „Es ist richtig, dass Verbraucherverbände auch Unterlagen wie Produktinformationsblätter einer gerichtlichen Prüfung zuführen können“, lobt Kleinlein das Vorgehen des Gerichts.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek