Aktuelle Entwicklungen und Probleme im Versicherungsvertrieb - speziell im Makler- und Ausschließlichkeitsvertrieb - die Entwicklung des Bankenvertriebs sowie innovative Vertriebskonzepte standen im Mittelpunkt der 5. Konferenz "Aktuelle Fragen des Versicherungsvertriebs" des Leipziger Instituts für Versicherungswissenschaften, die kürzlich in Köln stattfand. Versicherungsmagazin sprach mit Institutsleiter Professor Fred Wagner (Bild), der die Veranstaltung konzipierte und moderierte.
Versicherungsmagazin: Sehr geehrter Herr Professor Wagner, zwei Tage lang haben Sie mit der Elite des deutschen Versicherungsvertriebs in Köln über dessen Entwicklung diskutiert. Mein Eindruck: Fast jeder hält an seinem "alten" Zopf fest: Egal, ob Ausschließlichkeit, Maklervertrieb oder Direktvertrieb. Welche Vertriebsform wird nach Ihrer Einschätzung dominieren?
Fred Wagner: Eine einzige Stellschraube für einen besseren Vertrieb gibt es nicht. Dafür hängen die Dinge, wie Produktkomplexität, Anreizsysteme und Qualifikation zu eng zusammen. Zudem gibt es immer wieder Einzelfälle aus den Vertriebswegen, die das Image der Branche nachhaltig schädigen.
Tendenziell dürfte der Maklervertriebsweg künftig weitere Marktanteile gewinnen und die Ausschließlichkeit weitere verlieren. Die Ausschließlichkeit ist aber immer noch der dominierende Vertriebsweg in Deutschland, weil sie besonders gut gesteuert werden kann. Auf der anderen Seite lässt sich das Konzept der unabhängigen Beratung vor allem über den Versicherungsmakler verwirklichen. Standardisierte einfache Produkte werden zudem immer stärker aus der Beratung ins Internet wandern, dies zeigt sich an Online-Vergleichsportalen, die fast alle von Versicherungsmaklern betrieben werden. Die persönliche Beratung für einfache, standardisierte Produkte, wie eine Hausratversicherung, wird künftig viel zu teuer werden. Demgegenüber gibt es für Alters-, Pflege- und Krankenvorsorge weiter einen Beratungsmarkt.
Versicherungsmagazin: Wäre bei Altersvorsorgeprodukten der Schritt zu einer laufenden Provision nicht eine Lösung, um Kritiker den Wind aus den Segeln zu nehmen? Die gute betreuende Beratung stände ja dann im Vordergrund.
Fred Wagner: Laufende Provisionen sind der beste Weg, für den Fortbestand und eine Nachhaltigkeit von Verträgen zu sorgen. Das Problem ist, dass am Berufsanfang stehende Vermittler nicht davon leben können und bei eingesessenen Vertrieben eine Sättigungstendenz besteht, die ein aktives Zugehen auf die Kunden nicht unbedingt fördert. Gleichzeitig kann die Abschlussprovision zu Fehlanreizen führen, wenn schnelles Geschäft anvisiert wird.
Der Branche könnte ein proaktives Umgehen mit Bestandsprovisionen aber gut tun. Zwar wird das Thema längst prominent diskutiert. Doch gleichzeitig gibt es einen Wettbewerb um Vertriebspartner. Und den meisten ist nun mal Geld in der Tasche lieber, als darauf zu warten.
Versicherungsmagazin: Durch den Internetdirektvertrieb und dem rechtlich schwebenden Provisionsabgabeverbot - noch immer hat die BaFin kein neues Recht vorgeschlagen - unterlaufen Vermittler wie Uwe Lange (AVL Finanzvermittlung) oder Sebastian Legler (cashback-makler) täglich die Preise für Provisionen. Sie erstatten Ihren Kunden den Großteil der Vertriebskosten zurück. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?
Fred Wagner: Ich sehe hier noch kein großartiges Marktphänomen. Fraglich ist, ob Makler, auch wenn sie im Internet aktiv sind, nicht grundsätzlich ihrem Kunden eine regelmäßige Beratung schulden. Nach Aussage von Juristen muss das Beratungsrecht aber auch an der Lebenswirklichkeit gemessen werden. Und Kunden, die im Internet aktiv abschließen, erwarten gar keine Beratung. Kommt es hier zu einem Massenphänomen, das ich derzeit noch nicht sehe, würde der Beratungsmarkt in weiten Teilen zusammenbrechen. Prozesseffizienz würde die Beratung ersetzen.
Versicherungsmagazin: Verbraucherschützer wollen den Honorarberater, weil so nach ihrer Meinung die Beratung und nicht die Provision im Vordergrund steht. Wie schätzen Sie die Entwicklung ein?
Fred Wagner: Ich halte wenig von der Ausschließlichkeit einer Honorarberatung, auch wenn gegen eine qualifizierte Beratung auf Honorarbasis nicht viel einzuwenden ist. Viele Menschen, vor allem mit geringerem Einkommen, würden, wenn es nur noch diese Art der Beratung geben würde, diese aus Kostengründen nicht mehr nachfragen. Damit würde die Bedarfsweckung für mehr Gesundheits-, Pflege- und Altersvorsorgeschutz nicht mehr in notwendigem Umfang stattfinden. Das halte ich aber für geboten. Möglich, dass die provisionsbasierte Beratung nicht das ökonomischste Modell ist, es ist aber das effizienteste für eine flächendeckende Vorsorge.
Lesen Sie mehr über die Vertriebskonferenz in der August-Ausgabe von Versicherungsmagazin.
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Versicherungsmagazin: Sehr geehrter Herr Professor Wagner, zwei Tage lang haben Sie mit der Elite des deutschen Versicherungsvertriebs in Köln über dessen Entwicklung diskutiert. Mein Eindruck: Fast jeder hält an seinem "alten" Zopf fest: Egal, ob Ausschließlichkeit, Maklervertrieb oder Direktvertrieb. Welche Vertriebsform wird nach Ihrer Einschätzung dominieren?
Fred Wagner: Eine einzige Stellschraube für einen besseren Vertrieb gibt es nicht. Dafür hängen die Dinge, wie Produktkomplexität, Anreizsysteme und Qualifikation zu eng zusammen. Zudem gibt es immer wieder Einzelfälle aus den Vertriebswegen, die das Image der Branche nachhaltig schädigen.
Tendenziell dürfte der Maklervertriebsweg künftig weitere Marktanteile gewinnen und die Ausschließlichkeit weitere verlieren. Die Ausschließlichkeit ist aber immer noch der dominierende Vertriebsweg in Deutschland, weil sie besonders gut gesteuert werden kann. Auf der anderen Seite lässt sich das Konzept der unabhängigen Beratung vor allem über den Versicherungsmakler verwirklichen. Standardisierte einfache Produkte werden zudem immer stärker aus der Beratung ins Internet wandern, dies zeigt sich an Online-Vergleichsportalen, die fast alle von Versicherungsmaklern betrieben werden. Die persönliche Beratung für einfache, standardisierte Produkte, wie eine Hausratversicherung, wird künftig viel zu teuer werden. Demgegenüber gibt es für Alters-, Pflege- und Krankenvorsorge weiter einen Beratungsmarkt.
Versicherungsmagazin: Wäre bei Altersvorsorgeprodukten der Schritt zu einer laufenden Provision nicht eine Lösung, um Kritiker den Wind aus den Segeln zu nehmen? Die gute betreuende Beratung stände ja dann im Vordergrund.
Fred Wagner: Laufende Provisionen sind der beste Weg, für den Fortbestand und eine Nachhaltigkeit von Verträgen zu sorgen. Das Problem ist, dass am Berufsanfang stehende Vermittler nicht davon leben können und bei eingesessenen Vertrieben eine Sättigungstendenz besteht, die ein aktives Zugehen auf die Kunden nicht unbedingt fördert. Gleichzeitig kann die Abschlussprovision zu Fehlanreizen führen, wenn schnelles Geschäft anvisiert wird.
Der Branche könnte ein proaktives Umgehen mit Bestandsprovisionen aber gut tun. Zwar wird das Thema längst prominent diskutiert. Doch gleichzeitig gibt es einen Wettbewerb um Vertriebspartner. Und den meisten ist nun mal Geld in der Tasche lieber, als darauf zu warten.
Versicherungsmagazin: Durch den Internetdirektvertrieb und dem rechtlich schwebenden Provisionsabgabeverbot - noch immer hat die BaFin kein neues Recht vorgeschlagen - unterlaufen Vermittler wie Uwe Lange (AVL Finanzvermittlung) oder Sebastian Legler (cashback-makler) täglich die Preise für Provisionen. Sie erstatten Ihren Kunden den Großteil der Vertriebskosten zurück. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?
Fred Wagner: Ich sehe hier noch kein großartiges Marktphänomen. Fraglich ist, ob Makler, auch wenn sie im Internet aktiv sind, nicht grundsätzlich ihrem Kunden eine regelmäßige Beratung schulden. Nach Aussage von Juristen muss das Beratungsrecht aber auch an der Lebenswirklichkeit gemessen werden. Und Kunden, die im Internet aktiv abschließen, erwarten gar keine Beratung. Kommt es hier zu einem Massenphänomen, das ich derzeit noch nicht sehe, würde der Beratungsmarkt in weiten Teilen zusammenbrechen. Prozesseffizienz würde die Beratung ersetzen.
Versicherungsmagazin: Verbraucherschützer wollen den Honorarberater, weil so nach ihrer Meinung die Beratung und nicht die Provision im Vordergrund steht. Wie schätzen Sie die Entwicklung ein?
Fred Wagner: Ich halte wenig von der Ausschließlichkeit einer Honorarberatung, auch wenn gegen eine qualifizierte Beratung auf Honorarbasis nicht viel einzuwenden ist. Viele Menschen, vor allem mit geringerem Einkommen, würden, wenn es nur noch diese Art der Beratung geben würde, diese aus Kostengründen nicht mehr nachfragen. Damit würde die Bedarfsweckung für mehr Gesundheits-, Pflege- und Altersvorsorgeschutz nicht mehr in notwendigem Umfang stattfinden. Das halte ich aber für geboten. Möglich, dass die provisionsbasierte Beratung nicht das ökonomischste Modell ist, es ist aber das effizienteste für eine flächendeckende Vorsorge.
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Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek