Der Boom bei Telematik-Tarifen für Privatkunden scheint ungebrochen. Immer mehr Angebote kommen auf den Markt. Ganz eindeutig ist das Datenschutzthema abgehakt.
Alle Telematik-Anbieter verfahren nach dem Muster, dass die realen Fahrdaten nicht direkt an den Versicherer gehen, sondern an einen Service-Dienstleister. Dieser Dienstleister rechnet dann aus den Einzeldaten eine Fahrstil-Note aus, die der Assekuranz mitgeteilt und dann bepreist wird.
Könnte Versicherer vor die Füße fallen
Hier ist viel Intransparenz, die den Versicherern künftig, wenn der Kunde sich über die schlechte Bewertung ärgert, auf die Füße fallen könnte. So gibt die Itzehoer für sich und ihre Tochter Admiral Direkt an, dass der tatsächliche Rabatt, den die Kunden erfahren, bei elf Prozent liege und damit etwa bei der Hälfte des Höchstrabatts, den man erfahren kann. Da bleibt der beste Fahrer mit 29 Prozent lediglich einen Prozent unter dem Topnachlass.
Allianz schweigt zum tatsächlichen Rabatt
Doch im Schnitt gibt es mit 19 Prozent deutlich weniger. Bei der Axa liegt der „erfahrene“ Rabatt zwischen dem Höchstrabatt von 15 und zehn Prozent. Auch die „Nicht-Information“ der Huk-Coburg ist spannend. Die Kunden erfahren einen höheren Nachlass, als der Versicherer „erwartet“ hat. Also wird hier selten der Höchstrabatt erreicht. Die Allianz schweigt ebenfalls zum tatsächlichen Rabatt, den die Kunden erreichen. Das sollte Vermittler aufmerken lassen. Denn schon in der Vergangenheit hatte ein Experte der Axa-Versicherung berichtet, dass sich Kunden beschweren, weil sie gegen ihre Erwartung nicht als Top-Fahrer eingestuft wurden.
Tarif ist nur ein Testfeld
Immerhin hat Marktführer Huk-Coburg nun 70.000 Kunden unter 25 Jahren für seinen Telematik-Tarif gewonnen. Bei der Allianz liegt die aktuelle Zahl bei 69.000 Kunden. Derzeit eingestellt wurde das Telematik-Angebot für die Tochter Allsecure. Der Tarif sei nur ein Testfeld gewesen, heißt es bei der Allianz. Auch die von Allianz-Vorstand Frank Sommerfeld angekündigte Öffnung der Tarife für jede Altersgruppe ist derzeit noch nicht spruchreif, wie der Versicherer mitteilt. Ähnlich zurückhaltend reagiert die Huk-Coburg, die eigentlich ihre Technik mit einer batteriebetriebenen Mini-Box, die auf die Windschutzscheibe geklebt werden kann, verschlanken will, damit ein Werkstattbesuch entfällt.
Mutiert durch automatische Kilometererfassung zum Telematik-Tarif
Eine endgültige Entscheidung über die „Vignette“ und über die Öffnung des Tarifs sei noch nicht gefallen. Komplexe Technik und komplexe Tarife gehören wohl der Vergangenheit an. Gleich drei Anbieter setzen jetzt auf Kilometer-Tarife. Die exakte Erfassung der Fahrleistung erfolgt bei der BGV, die ihren neuen Tarif Flexi-mobil seit April anbietet, per App und Stecker über die OBD-2-Schnittstelle im Fahrzeug. Demgegenüber hat Friday als neuer Online-Versicherer den Zahl-pro-Kilometer-Tarif ohne jegliche Technik auf den Markt gebracht. Allein in Kombination mit BMW- und Mini-Modellen mutiert das Angebot durch eine automatische Kilometererfassung zum Telematik-Tarif.
Angebot mit rein kilometerbasiertem Ansatz
Spannend ist, dass beim künftigen Kilometer-Tarif „Emil“ der Gothaer Versicherung die Gen Re mitgeholfen hat. Eine Umkehr der seit Jahren erhobenen Kritik an diesen Tarifen sei dies nicht, so der Rückversicherer. Zum einen sei das Angebot ein rein kilometerbasierter Ansatz. „Er enthält als Pay-as-you-drive-Angebot keinerlei fahrbasierter Parameter, wie Beschleunigung oder Uhrzeit, und könne daher nicht mit den Pay-howyou-drive Tarifen verglichen werden“, erläutert Chefanalyst Marco Morawetz.
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Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek