Systematisch versuchen Rechtsschutzversicherer ihren Kunden Prozesse "abzuschwatzen" - dies ist der Vorwurf von Anwälten gegenüber den Rechtsschutzversicherern. Mit Hotline, Nachlass von Selbstbeteiligungen oder Mediatoren-Zwang, versuchen die Rechtsschutzversicherer ihre Kundem immer stärker zu Partneranwälten oder direkter Streitbeendigung zu bewegen. Die harsche Kritik der Anwaltschaft gilt der Schadenssteuerung der Branche.
Rund 40 bis 50 Prozent der Kunden, die ein Rechtsproblem haben, melden sich noch ohne eigenen Anwalt bei ihrem Versicherer. Ein gefundenes Fressen für die Assekuranz. Wer sich nicht selbstständig einen Anwalt sucht, zahlt eine geringere oder gar keine Selbstbeteiligung mehr. Vollkommen kostenlos ist meist die telefonische Erstberatung. "Das Modell läuft unter dem Motto 'wie können wir die Anwälte heraushalten'", kritisiert Hubert van Bühren, Präsident der Kölner Rechtsanwaltskammer (RAK). Mittlerweile hat die RAK München mit der HUK-Coburg schon den ersten Versicherer verklagt, weil mit dem automatischen Schadenfreiheitssystem die freie Anwaltswahl unterlaufen werde.
Diese Gefahr sieht gleichfalls der Deutsche Anwaltverein (DAV), weil hierzulande die Partneranwälte im Tausch für mehr Kunden, Honorarkürzungen hinnehmen müssen. "Empfehlungen mit maßvollen Anreizen gekoppelt sind rechtlich statthaft", bestärkt hingegen der Juraprofessor Christian Armbrüster von der Freien Universität Berlin die Position der Versicherer. Umstritten ist hingegen, ob die Partnerkanzleien nicht in eine wirtschaftliche Abhängigkeit zur Rechtsschutzversicherung geraten.
Vorwurf von Schnellverfahren
"Die Versicherer haben bis zu 20 Prozent geringere Kosten, wenn sich Partneranwälte der Streitigkeiten der Kunden annehmen", schätzt Rechtsanwalt Herbert Schons, Vizepräsident des DAV aus Duisburg. Für das gleiche Honorar müssen dann aber mehr Fälle erledigt werden. Daher kursiert in der Anwaltsbranche schon der Vorwurf von "Schnellverfahren". Derzeit wissen die Kunden aber gar nicht, nach welchen Kriterien der Anwalt vom Versicherer ausgesucht wurde und dass er weniger Geld erhält. Sie erwarten zu Recht eine objektive Auskunft zu ihren Streitchancen.
"Die Partnerkanzleien geraten in den bösen Schein der Abhängigkeit", warnt Schons. "Anwälte, die aus wirtschaftlichem Druck vorschnell von Klageerhebung abraten, verletzen eindeutig Standesrecht", bestätigt Professor Armbrüster. Betroffene Verbraucher hätten dann sogar ein Anspruch auf Schadenersatz. Doch ein solches Fehlverhalten dürfte nur schwer nachweisbar sein. Schon gar nicht von juristischen Laien.
Assekuranz: Wir empfehlen Qualität
Die Rechtsschutzversicherer wehren sich entschieden gegen solche Vorwürfe. Bei außergerichtlichen Gebühren dürften die Versicherer Vereinbarungen treffen. "Wir verhelfen unseren Kunden zu besonders hoch qualifizierten Kanzleien", sagt Ulrich Eberhardt, Vorstand der HUK-Coburg Rechtsschutzversicherung. "Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung kennen wir empfehlenswerte Anwälte", ergänzt D.A.S.-Vorstand Rainer Tögel. So würde nur mit nachweislich gut organisierten Kanzleien zusammen gearbeitet, in denen es zumindest einen Fachanwalt gebe und die sicher und modern kommunizieren können, heißt es bei der HUK-Coburg. Alle großen Rechtsschutzversicherer kooperieren mit mehreren tausend Kanzleien. Damit wolle man zudem der "Prozesshanselei" von Seiten der Anwälte entgegensteuern.
"Viele der rund 160.000 Anwälte wissen nicht mehr wie sie sich ernähren sollen und führen Prozesse auch aus schierer Geldnot", behauptet Eberhardt. Anscheinend ist ein regelrechter Kampf um die rund 1,8 Milliarden Euro Anwaltshonorare ausgebrochen, die die Rechtsschutzversicherer jährlich zahlen. Doch der Streit wird von beiden Kontrahenten zunehmend auf dem Rücken der Kunden ausgetragen. Zwar will jetzt die HUK-Coburg die Kriterien für die Auswahl der Kanzleien veröffentlichen, doch ihre Partner sollen geheim bleiben. "Sonst müssen wir eine Neid- und Missgunst-Debatte unter Anwälten befürchten", glaubt HUK-Mann Eberhardt.
Etwas kundenfreundlicher verhält sich die Advocard Versicherung aus Hamburg. Sie empfiehlt ihren Kunden neben den eigenen Partnern zusätzlich DAV-Kanzleien. Auf eine Erfolgsprüfung der Streitigkeiten von Kunden verzichtet das Unternehmen.
Bild:© Stefanie Hofschläger/
Rund 40 bis 50 Prozent der Kunden, die ein Rechtsproblem haben, melden sich noch ohne eigenen Anwalt bei ihrem Versicherer. Ein gefundenes Fressen für die Assekuranz. Wer sich nicht selbstständig einen Anwalt sucht, zahlt eine geringere oder gar keine Selbstbeteiligung mehr. Vollkommen kostenlos ist meist die telefonische Erstberatung. "Das Modell läuft unter dem Motto 'wie können wir die Anwälte heraushalten'", kritisiert Hubert van Bühren, Präsident der Kölner Rechtsanwaltskammer (RAK). Mittlerweile hat die RAK München mit der HUK-Coburg schon den ersten Versicherer verklagt, weil mit dem automatischen Schadenfreiheitssystem die freie Anwaltswahl unterlaufen werde.
Diese Gefahr sieht gleichfalls der Deutsche Anwaltverein (DAV), weil hierzulande die Partneranwälte im Tausch für mehr Kunden, Honorarkürzungen hinnehmen müssen. "Empfehlungen mit maßvollen Anreizen gekoppelt sind rechtlich statthaft", bestärkt hingegen der Juraprofessor Christian Armbrüster von der Freien Universität Berlin die Position der Versicherer. Umstritten ist hingegen, ob die Partnerkanzleien nicht in eine wirtschaftliche Abhängigkeit zur Rechtsschutzversicherung geraten.
Vorwurf von Schnellverfahren
"Die Versicherer haben bis zu 20 Prozent geringere Kosten, wenn sich Partneranwälte der Streitigkeiten der Kunden annehmen", schätzt Rechtsanwalt Herbert Schons, Vizepräsident des DAV aus Duisburg. Für das gleiche Honorar müssen dann aber mehr Fälle erledigt werden. Daher kursiert in der Anwaltsbranche schon der Vorwurf von "Schnellverfahren". Derzeit wissen die Kunden aber gar nicht, nach welchen Kriterien der Anwalt vom Versicherer ausgesucht wurde und dass er weniger Geld erhält. Sie erwarten zu Recht eine objektive Auskunft zu ihren Streitchancen.
"Die Partnerkanzleien geraten in den bösen Schein der Abhängigkeit", warnt Schons. "Anwälte, die aus wirtschaftlichem Druck vorschnell von Klageerhebung abraten, verletzen eindeutig Standesrecht", bestätigt Professor Armbrüster. Betroffene Verbraucher hätten dann sogar ein Anspruch auf Schadenersatz. Doch ein solches Fehlverhalten dürfte nur schwer nachweisbar sein. Schon gar nicht von juristischen Laien.
Assekuranz: Wir empfehlen Qualität
Die Rechtsschutzversicherer wehren sich entschieden gegen solche Vorwürfe. Bei außergerichtlichen Gebühren dürften die Versicherer Vereinbarungen treffen. "Wir verhelfen unseren Kunden zu besonders hoch qualifizierten Kanzleien", sagt Ulrich Eberhardt, Vorstand der HUK-Coburg Rechtsschutzversicherung. "Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung kennen wir empfehlenswerte Anwälte", ergänzt D.A.S.-Vorstand Rainer Tögel. So würde nur mit nachweislich gut organisierten Kanzleien zusammen gearbeitet, in denen es zumindest einen Fachanwalt gebe und die sicher und modern kommunizieren können, heißt es bei der HUK-Coburg. Alle großen Rechtsschutzversicherer kooperieren mit mehreren tausend Kanzleien. Damit wolle man zudem der "Prozesshanselei" von Seiten der Anwälte entgegensteuern.
"Viele der rund 160.000 Anwälte wissen nicht mehr wie sie sich ernähren sollen und führen Prozesse auch aus schierer Geldnot", behauptet Eberhardt. Anscheinend ist ein regelrechter Kampf um die rund 1,8 Milliarden Euro Anwaltshonorare ausgebrochen, die die Rechtsschutzversicherer jährlich zahlen. Doch der Streit wird von beiden Kontrahenten zunehmend auf dem Rücken der Kunden ausgetragen. Zwar will jetzt die HUK-Coburg die Kriterien für die Auswahl der Kanzleien veröffentlichen, doch ihre Partner sollen geheim bleiben. "Sonst müssen wir eine Neid- und Missgunst-Debatte unter Anwälten befürchten", glaubt HUK-Mann Eberhardt.
Etwas kundenfreundlicher verhält sich die Advocard Versicherung aus Hamburg. Sie empfiehlt ihren Kunden neben den eigenen Partnern zusätzlich DAV-Kanzleien. Auf eine Erfolgsprüfung der Streitigkeiten von Kunden verzichtet das Unternehmen.
Bild:© Stefanie Hofschläger/
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek