Run-Off muss für Kunden keinen Nachteil bringen

Lebensversicherer, die aus dem aktiven Verkaufsgeschäft aussteigen, schädigen ihre Kunden nicht. Darauf hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hingewiesen. Die Einstellung des aktiven Vertriebs von Produkten sei nicht automatisch ein Nachteil für die betroffenen Versicherungsnehmer. "Der Verzicht auf ein Neugeschäft führt kurz- bis mittelfristig aufgrund der nicht anfallenden Abschlusskosten eher zu einer Ertragssteigerung", erläuterte die Aufsichtsbehörde. Langfristig sei aber aufgrund des abschmelzenden Bestandes, mit einer geringeren Ertragskraft der Run-Off-Gesellschaft zu rechnen.

Aktuell scheint kein deutscher Lebensversicherer sein Neugeschäft einstellen zu wollen. Auch das lässt sich aus dem Statement der BaFin entnehmen. So verweist die Aufsicht zwar darauf, dass es für einen Run-Off keine gesetzliche Mitteilungspflicht gebe. "Da die BaFin aber die Lebensversicherungsunternehmen aufsichtlich eng begleitet, würde die BaFin von einer solchen Entscheidung erfahren", so ein Sprecher.

Verbraucherschutz ist alarmiert
Verbraucherschützer hatten vor einer erhöhten Run-Off-Gefahr gewarnt, nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) jüngst eine weitere Leitzinssenkung um 25 Basispunkte auf 0,25 Prozent beschlossen hat. Dies würde das Geschäft der Lebensversicherer schwieriger machen, weil mehr Rücklagen für Altbestände mit hohen Garantiezinsen gebildet werden müssten. Daher glaubt der Bund der Versicherten (BdV) Anzeichen zu erkennen, dass sich Versicherer deshalb immer weiter aus dem aktiven Geschäft zurückzögen und in Abwicklung gingen.

Solche Anzeichen sind nach Einschätzung der BaFin aber reine Kaffeesatzleserei. Eine Prognose aufgrund der Leitzinssenkung sei weder der Aufsicht noch dem BdV möglich. Auch der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) stellt fest, dass es im Vorfeld über individuellen, strategischen Entscheidungen der Unternehmen, keine Kenntnis gebe.

Ergo: Run-Off nicht Ursache von geringeren Überschüssen

Energisch wehrt sich der Ergo-Konzern gegen die Behauptung des BdV, dass die Überschüsse bei der Run-Off-Gesellschaft Victoria, deshalb geringer ausfielen, weil das Unternehmen kein Neugeschäft mehr mache und somit keine Rücksicht auf die Kunden nehmen müsse. So liege die Gesamtverzinsung der Victoria Leben bereits seit Jahren unter dem Wert der Ergo Leben (früher Hamburg-Mannheimer Leben). "Einen Zusammenhang mit der Einstellung des Neugeschäfts im Jahr 2010 gibt es nicht", heißt es bei der Ergo.

Das dokumentiert eine Zeitreihe: Seit 2002 liegt die laufende Gesamtverzinsung der Victoria zwischen 0,2 und ein Prozent unter der der Ergo Leben. Den höchsten Abstand gab es 2004, den kleinsten 2013. Im Jahre 2010 wurde das aktive Geschäft der Victoria eingestellt. Auch die Ergo betont, dass die fehlende Abschlusskostenbelastung sich positiv auf die Überschussbeteiligung der Victoria auswirke. In der Vergangenheit hatte bereits die Bayerische Beamtenversicherung, die Familienschutz Leben, die Delta Lloyd und die Plus Leben der Stuttgarter Leben ihren aktiven Verkauf von Vorsorgepolicen eingestellt. Ein kleines Indiz, dass weitere Gesellschaften folgen könnten, ist die Aufstellung von neuen Abwicklungsplattformen. So haben die Heidelberger Lebensversicherung und die Acathia Capital ein solches Engagement angekündigt.

Bildquelle: © Petra Schmidt/

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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