Nach Auffassung des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) sollte es dringend ein Moratorium bei der Regulierung des Berufsstandes der Versicherungsvermittler geben. Man sei „genug drangsaliert“ worden, richtete heute Präsident Michael H. Heinz das Wort an die mögliche neue Bundesregierung.
Dauerthema beim BVK und in der Branche ist die Vergütung von Vermittlern. „Die Pandemie hat gezeigt, wie wertvoll die Arbeit von Versicherungsvermittlern ist“, erklärte Heinz. Zudem sei diese Arbeit in der Bevölkerung anerkannt, wie Studien des BVK zeigten. „Wir haben uns weiterentwickelt und sehen nicht ein, dass wir uns schon wieder rechtfertigen müssen“, monierte auch Archangeli. „Wir stehen weiter auf dem bekannten Standpunkt, dass der Verbraucher entscheiden soll, ob er Provision oder Honorar bezahlen will“, ist der BVK-Chef überzeugt. Ein ausschließliches Honorarsystem könnten die Versicherer zudem gar nicht leisten. Das sei eine gigantische Aufgabe.
Einkommen von Versicherungsvermittlern muss auskömmlich sein
„Die Politik soll und muss da nicht eingreifen“, ermahnte er die künftige Regierung. Reine Honorarberatung würde breite Bevölkerungskreise von der Beratung abschneiden und dem sozialpolitischen Auftrag der Vermittlerbranche widersprechen. Sie sei für Verbraucher auch deshalb „ein Spiel mit Unbekannten“, weil es keine verbindlichen Regeln für die Höhe des Honorars gebe. Bei der Provision seien zudem auch Leistungen während der Laufzeit wie Vertragsänderungen mit abgegolten, ohne dass „die Uhr läuft“, erinnerte Archangeli. Natürlich müsse die Branche dafür sorgen, dass Auswüchse in Form von Incentives und Boni ausbleiben. „Das Einkommen von Versicherungsvermittlern muss auskömmlich und langfristig auf die Laufzeit der Verträge verteilt, so dass die Kundenbetreuung sichergestellt ist“, forderte Heinz.
Kann kein Marktversagen erkennen
Vehement wehrte sich Heinz gegen den Druck der „permanenten Rechtfertigung“, dem sein Berufsstand ausgesetzt sei. Er findet, Versicherungsvermittler seien in der Vergangenheit „genug drangsaliert“ worden und man solle jetzt eine Regulierungspause einlegen, um die IDD-Überprüfung abzuwarten. Er sieht angesichts der geringen Zahl von Beschwerden über Vermittler, die beim Versicherungsombudsmann eingehen, alles andere als ein Marktversagen, das weitere Regulierung rechtfertigen könnte.
Damit der Berufsstand vernünftig arbeiten könne, müsse die „Regulierungswut“ aufhören. Man hoffe auf die neue Regierung und darauf, dass sie mit „Augenmaß“ arbeite, wie Vize-Präsident Gerald Archangeli einwarf. Die Kunden würden das „Bürokratiemonster“ im Zusammenhang mit der Versicherungsberatung jedenfalls mehrheitlich ablehnen. Auch eine Übertragung der Aufsicht über die Bafin lehnt der BVK ab. So schlank und effizient, wie über die 79 Industrie- und Handelskammern, würde die Beaufsichtigung dann nicht mehr möglich sein. Zudem würde der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) das Personal fehlen.
Standardprodukte richten Schaden an
Kaum Thema im Wahlkampf war die private Krankenversicherung, findet Heinz. Einen einheitlichen Krankenversicherungsschutz für gut 80 Millionen Menschen hält er für falsch. Zudem erinnert er daran, dass die neun Millionen Privatversicherten mit ihren Beiträgen auch Forschung und Lehre im Gesundheitsbereich mitfinanzieren würden. Beim Thema Pflichtversicherung für Selbstständige in der Rentenversicherung plädiert er für Wahlfreiheiten, weil nicht alle Selbstständigen über einen Kamm geschoren werden könnten. Auf alle Fälle sollte auch hier die Expertise der Vermittler beim Thema Altersvorsorge hinzuziehen.
Auch Standardprodukte etwa in der Altersvorsorge lehnt der BVK kategorisch ab. Lebenswege und Bedürfnisse der Menschen seien zu unterschiedlich, als dass ein Produkt für alle passen könnte. „Das herauszufinden, ist Arbeit der Vermittler“, begründet Archangeli. Mit starren Produkten könnten die Probleme nicht gelöst werden, sie würden eher Schaden anrichten. Diese Position, die man schon vor der Wahl hatte, werde der Verband weiter vertreten.
FDP hat vernünftige Riester-Reform im Programm
Als „ideenlos“ bezeichnete Heinz den Umgang der Parteien mit dem Thema Riester-Rente. Natürlich müsse sie reformiert werden und Vorschläge von Zulagen-Vereinfachung über neue Garantien bis hin zu alternativen Anlageformen würden auf dem Tisch liegen.16 Millionen Verträge könne man jedenfalls nicht einfach so wegwischen. Bei einer Ampel-Koalition hoffe man, so Heinz, vor allem auf die FDP, die zum Beispiel eine vernünftige Reform der Riester-Rente im Programm habe und für die Stärkung der privaten Altersvorsorge plädiere. Allerdings sei das wahrscheinlich „kein Kernkonfliktthema“ der künftigen Koalition.
Autor(en): Elke Pohl