Mit professioneller Aufnahmetechnik aus den RTL-Studios werden bei der Messe DKM, die den Zusatz „digital.persönlich“ trägt, die traditionellen Diskussionsveranstaltungen der „Speakers Corner“ ins Netz übertragen. Unter dem Titel „Die neue (Un-)Abhängigkeit des Maklerunternehmens“ diskutierte Brigitte Horn, Chefredakteurin der Zeitschrift "Asscompact", mit Ralf Berndt, Vertriebsvorstand der Stuttgarter, Norbert Porazik, Geschäftsführer von Fonds Finanz und Andreas Vollmer, Vizepräsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) und selbst Makler.
Vollmer und Porazik gerieten dabei kräftig aneinander. Vollmer warf dem führenden Maklerpool vor, seine Poolpartner in eine neue Art der Abhängigkeit als verkappte Versicherungsvertreter zu führen, die sich auf eine gesteuerte Produktauswahl verlassen und ihre Bestände dem Pool überlassen müssten. Porazik dagegen bezeichnete sein Geschäftsmodell als Großmarkt. „Ermöglichung der Unabhängigkeit“ sei das Ziel der Pools und gerade nicht die Schaffung von Abhängigkeiten.
Intransparenz der Vergütungs- und Kostengestaltung aufbrechen
Vollmer hingegen forderte deutlich mehr Transparenz von den Pools. Insbesondere sollten sie die von den Versicherern erhaltenen Courtagen vollständig an die Makler weiterreichen, dafür aber Gebühren für ihre Dienstleistungen verlangen. So werde deutlich, mit welchen Kosten das Poolgeschäft tatsächlich belastet sei. Vollmer verwies auch auf die politischen Bestrebungen zu Begrenzung von Provisionen, selbst ein Provisionsverbot für Makler sei weiterhin nicht undenkbar. „Die gesamte Branche würde sich wesentlich ehrlicher machen“, wenn sie die Intransparenz der Vergütungs- und Kostengestaltung in der Kette Versicherer, Pool und Makler aufbreche.
Als Kostentreiber ausgemacht
Auch von Stuttgarter-Vorstand Berndt erhielt Porazik wenig Unterstützung in der Diskussion. Seine klare Aussage: „Es erhöht sich der Kostensatz“, weshalb er als Versicherer gar kein Interesse daran habe, dass das gesamte Neugeschäft über Pools läuft. Derzeit sei es auch nur ein kleinerer Anteil, den er allerdings selbstverständlich auch nicht missen wollte.
„Als Maklerversicherer sind wir neutral“, versuchte er zu Beginn der Diskussion noch einem Streit aus dem Weg zu gehen, sein Haus arbeite mit Pools genauso gern zusammen wie mit Einzelmaklern. Einen besonderen Vorteil beim Pool-vermittelten Geschäft für den Versicherer vermochte er jedoch nicht erkennen, wohingegen Porazik „enorme Dienstleistungen“ auch für den Versicherer geltend machte, die mit einer gegenüber der Einzelmakler-Courtage erhöhten Gesamtcourtage bezahlt würden.
Wollen die Pools an die Bestände der Makler?
Ein weiteres Streitthema war das Recht am Bestand und an den Daten. Vollmer machte geltend, dass ein Makler seinen Bestand nicht an einen Pool „abgeben“ sollte. Die Pools würden versuchen, an diese Bestände zu kommen, und mit „Incentivierungen“ oder „Rentenmodellen mit 65“ Makler locken. „Hat das noch was mit dem Sachwalter zu tun“, fragte er in die Runde, so wie ihn der Bundesgerichtshof noch als Berufsbild des Versicherungsmaklers gefordert hatte.
Porazik dagegen betonte, die Unabhängigkeit eines Maklers werde nicht dadurch erreicht, dass er nicht mit Pools zusammenarbeitet. „Wichtig ist, dass der Makler gegenüber dem Kunden unabhängig ist“. Und eine Bestandsübertragung auf den Pool im Rentenfall sei immer noch besser, als den Bestand den Versicherern zu überlassen, die Kunden in Direktbetreuung oder an ihre Ausschließlichkeit weiterreichen würden. Zum Thema Datenhoheit bezeichnete Porazik das Denken als überholt, dass man die Daten „im Keller“ aufbewahre, moderne Vermittler würden diese in Clouds speichern und damit nicht mehr physisch im eigenen Maklerbüro.
Überlebenshilfe für Kleinmakler
Berndt hob einen anderen Vorteil von Pools hervor. Sie würden den kleinen Maklern helfen, die die Anforderungen der Digitalisierung nicht mehr standhalten. Er nannte aber zwei wesentliche Voraussetzungen, die ein Maklerpool erfüllen müsse: „Der Pool muss eine unabhängige Produktauswahl gewährleisten“, Steuerungen über voreingestellte Vergleichstools und Incentives erteilte er eine Absage. Zweitens forderte er eine vielfältige Poollandschaft, die Bildung von Oligopolen oder gar Monopolen lehnte er ab.
Porazik dagegen erwartete eine Flurbereinigung bei den Pools und verwies auf die Investmentbranche, in der die Investmentgesellschaften das Oligopol der Pools akzeptieren würden. Auch Berndt hielt es für realistisch, dass es allen wegen des hohen Investitionsaufwands in die Digitalisierung zu einer Konsolidierung bei den Versicherungsmakler-Pools kommt, äußerte sich aber zurückhaltend, wie die Branche damit umgehen werde.
Kritische und lobende Stimmen aus dem Online-Publikum
Auch bei den Zuschauern wurden die Thesen sehr unterschiedlich aufgenommen. Ein Vorteil der digitalen Messe ist, dass sich die Teilnehmer per Chat live zum Gehörten äußern können – und das taten sie auch reichlich. So empörte sich ein Zuhörer, „den Makler mit Poolanbindung mit einem Vertreter zu vergleichen, ist ja wohl eine Frechheit!“ Ein anderer hingegen reagierte, der BVK-Vizepräsident habe mit seiner Aussage „völlig Recht“. Ein anderer meinte selbstkritisch an die eigene Zunft gerichtet, Makler würden „lieber 500 Euro für das Leasingfahrzeug“ investieren „statt 500 Euro für eine saubere, bezahlbare eigene Softwarearchitektur“.
Zumindest in einer Hinsicht waren sich am Ende die Diskutanten doch noch einig: Die Digitalisierung ist die größte Herausforderung für die Maklerschaft auch über die Corona-Pandemie hinaus. Und dies müssen die Marktteilnehmer mit „unternehmerischem Spirit“ angehen und „Mut haben“, wie es BVK-Vizepräsident Vollmer ausdrückte.
Autor(en): Matthias Beenken