Makler müssen digitaler werden. Aber um jeden Preis und vollständig? Oder geht es um eine Balance zwischen Off- und Online im Maklerbüro? Und wie begleitet man Kunden gekonnt durch den Beratungsprozess, egal ob er digital oder analog erfolgt? Darüber berichteten gestern auf der DKM Makler und ein Berater.
Michael Richthammer berichtete zum Auftakt des DKM-Kongresses "Hybrider Makler" darüber, wie er und seine 37 Mitarbeiter die Chancen und Probleme des "hybriden Arbeitens" im Maklerbüro meistern. Corona habe zwar zu einer Ausweitung des mobilen Arbeitens geführt, es wurde aber schon lange vorher schrittweise eingeführt. „Dadurch gab es bei Ausbruch der Krise bei uns keine Probleme, alle Mitarbeiter waren und sind dabei“, erklärte er. Gegenwärtig befinden sich etwa 15 Prozent der Mitarbeiter im Maklerbüro, der Rest im heimischen Büro. Die Erreichbarkeit sei gesichert, es gab bisher keine einzige Beschwerde von Kunden. Die Grundvoraussetzung dafür, dass mobiles Arbeiten gelingt, sei das Vertrauen in die Mitarbeiter und deren gutes Verhältnis zum Chef. Er sei noch nicht ein einziges Mal von seinen Mitarbeitern enttäuscht worden, sondern habe im Gegenteil den Eindruck, dass die Arbeit besser als vorher gemacht werde.
Mitarbeiterbindung 4.0
Die Vorteile des mobilen Arbeitens seien vielfältig, so Richthammer weiter: Es müsse nicht in Büro- und Parkfläche investiert werden, auch wenn die Mitarbeiterzahl steigt, es werde Zeit und CO2 gespart, wenn Fahrten ins Büro und zum Kunden reduziert werden, die Ansteckungsgefahren seien geringer, die Mitarbeiter würden positiv auf das mobile Arbeiten reagieren und die Digitalisierung mache große Fortschritte. Natürlich müsse man auch die Nachteile sehen, die vor allem darin bestehen, dass das Wir-Gefühl unter den Kollegen leidet, dass viel Geld für neue Technik ausgegeben werden musste und dass schließlich die Organisation von Bürobesetzung und mobilem Arbeiten zusätzlichen Aufwand bedeuten. Um eine "Mitarbeiterbindung 4.0" dauerhaft - und nicht nur in Zeiten von Corona - zu verwirklichen, braucht es nach seiner Überzeugung vor allem kreative Arbeitsbedingungen mit großen Entscheidungsspielräumen für die Mitarbeiter, ein attraktives, gesundes Arbeitsumfeld, flexible Arbeitszeitmodelle und weitreichende Möglichkeiten zum mobilen Arbeiten, Förderung der Mitarbeiter durch Weiterbildungsangebote, Vertrauen sowie Führung durch Wertschätzung.
Natürlich müssten einige technische Voraussetzungen für das mobile Arbeiten erfüllt sein. So sei eine standardisierte Software-Applikation für die Kommunikation erforderlich, die am Arbeitsplatz, im Meetingraum und beim mobilen Arbeiten gleichermaßen benutzt werden kann. Zwischen Büro und Homeoffice müssten die Kommunikationsprozesse, die Datensicherheit und die Datenverarbeitung standardisiert sein, zudem muss sichergestellt sein, dass alle Daten auch für die mobil Arbeitenden frei zugänglich sind.
Viel ausprobieren, gut auswählen
Einen Masterplan dafür, wie man die Balance zwischen Off- und Online-Arbeiten hinbekommt, kennt auch Richthammer nicht. Er rät dazu, für alles offen zu sein und so viel wie möglich auszuprobieren, um herauszufinden, was sich für das eigene Unternehmen eignet. Er habe zum Beispiel mit Mitarbeitern versucht einen Blog zu starten, der sich dann aber als ungeeignet herausgestellt hat. Der Facebook-Auftritt sei dagegen dank des Engagements interessierter Mitarbeiter ein Erfolg. "Hybrid bedeutet für uns, mit Versicherern so digital wie möglich zu arbeiten", erläuterte er.
Im Kompositbereich funktioniere das mit der Haftpflichtkasse, in Leben mit der Dela besonders gut. Insgesamt gebe es weniger Kontakte mit Versicherern im eigenen Haus. Was die Kunden betrifft fahre man zweigleisig. So geben es neben vielen digitalen Kontaktwegen nach wie vor die Kundenzeitung auf Papier, weil die Kunden dies wünschen. "Ich finde, man sollte nicht alles digital machen, was möglich ist, sondern was zu einem passt und wovon man den größten Nutzen hat", fasst er zusammen.
Digital ist kein Allheilmittel
Für Franziska Zepf, Jung-Maklerin aus Peiting bei München, ist klar welche Zielgruppe sie vorrangig mit ihrer Firma Premius Makler für Versicherungen & Finanzen ansprechen will: Junge Leute, die über Facebook und Instagram angesprochen werden wollen, die total online unterwegs und für die Kanäle wie Apps und Soziale Medien Alltag sind. Auf diese Zielgruppe richtet sie ihre gesamte Strategie aus, die vorwiegend digital ist.
Allerdings warnt sie davor, Digitalisierung als einzigen Qualitätsstandard zu definieren. Denn wer eine andere Zielgruppe bedient, kommt mit einer ausschließlichen Online-Ansprache von Kunden wahrscheinlich nicht sehr weit, ist sie überzeugt. Daher rät sie, zuerst danach zu fragen, was der Wunschkunde von seinem Makler erwartet und wie diese Wünsche bestmöglich erfüllt werden können. "Alles zu digitalisieren sollte nicht zum Zwang und zur Arbeitsbeschaffungsmaßnahme werden", ist sie überzeugt. "Digitalisierung sollte für uns arbeiten - nicht umgekehrt."
Hybrides System beginnt beim Kunden
Daher sieht sie ihre Firma auch nicht als rein digitales Maklerbüro, auch wenn die digitalen Elemente überwiegen. Bei den Kontakten zu Versicherern wird jede digitale Möglichkeit genutzt. Die komplette Abwicklung soll direkt und online, idealerweise über Schnittstellen erfolgen. Wer einen Pool oder einen anderen Dienstleister einschaltet müsse zwingend darauf achten, dass er diese Prozesse optimal unterstützt. Zepf erwähnte Blau direkt als ihren Pool, mit dem man sehr zufrieden sei. Das hybride System beginnt bei ihr beim Kunden. "Das bedeutet, bei uns entscheidet der Kunde über welchen Weg er mit uns zusammenarbeiten will", machte sie deutlich. Wer seinen ersten Termin online vereinbart, wird der Online-Variante zugeordnet, wer lieber telefonieren oder ins Büro kommen will, findet in der Offline-Variante seine Entsprechung. Natürlich sei das nicht starr, Wechsel seien jederzeit möglich.
Die Online-Beratung zeichnet sich dadurch aus, dass die Ansprache über soziale Medien erfolgt, alles Weitere - ohne Medienbrüc - auf PC, Tablet oder Smartphone. "Der Vorteil besteht darin, dass wir im Verkaufsprozess Zeit sparen. Dafür müssen wir mehr Zeit in die Kundenbindung investieren als bei einem Offline-Kunden. Die Zeitersparnis wird also wieder in den Kunden investiert", merkte sie an.
Überraschen Sie Ihre Kunden!
Die Offline-Variante der Premius Makler ist auch nicht komplett offline, berichtete die Maklerin weiter. Oft handele es sich um Empfehlungskunden, die erst einmal den Makler persönlich kennen lernen wollen. Die Daten für die Beratung werden jedoch auch elektronisch zur Verfügung gestellt, und auch die Unterschrift wird auf dem Tablett geleistet. Weitere Gespräche werden dann auf Wunsch wieder persönlich geführt. Ihr Tipp: "Überraschen Sie Ihre Kunden, indem sie die Systeme bewusst durchbrechen und Online-Kunden zum Beispiel eine handgeschriebene Karte zusenden oder andere Services anbieten, mit denen sie nicht rechnen."
Beiläufige Botschaften
Wie man mit gezielter und bewusster Ansprache Online- und Offline-Kunden gleichermaßen von der eigenen Qualität überzeugt und sicher zum Abschluss bringt, machte Steffen Ritter vom gleichnamigen Beratungs-Institut deutlich. Zu Beginn des Beratungsgesprächs empfiehlt er eine beiläufig geäußerte "große Botschaft", anhand derer der Kunde merkt, dass sich der Vermittler vorab mit ihm befasst hat und sich Zeit dafür genommen hat. Dazu zählen Sätze wie: "Was mir gerade einfällt: Unsere Beratung läuft bewusst schlank ab. Wir werden Ihre Zeit nur beanspruchen, wenn es sein muss. Top-Service läuft bei uns unbemerkt. Gestern gab es zum Beispiel eine spannende vierstündige Analyse für Sie."
In einem zweiten Schritt sollte angekündigt werden, dass die Beratung -– bei Einverständnis des Kunden - auf einen direkten Abschluss hinausläuft. Dazu empfiehlt Ritter Satzbausteine wie: "Wie besprochen: Wenn Sie mit meiner Beratung zufrieden sind, machen wir heute alles fertig. Das ist sicherheitshalber intern schon vorangekündigt, um für die Nacharbeit Zeit einzuplanen. Erkläre ich Ihnen gleich, ok?" Oder: "Damit wir die aktuellen Bedingungen für Sie sichern, haben wir unsere Nacharbeit gleich für morgen eingeplant und machen heute alles fertig. Nur, wenn sie am Ende mit meiner Beratung zufrieden sind..."
Mit Worten zum Erfolg führen
Für wichtig hält Ritter das Prinzip der Reziprozität, also der Wechselseitigkeit und des gegenseitigen Nutzens. Er rät: "Wer als Vermittler zeitaufwändig einen Vorschlag für einen Kunden erarbeitet hat, sollte ihm das auch mitteilen." Er sei eher geneigt sich einem Vorschlag anzuschließen, in den schon viel Zeit investiert wurde. Beispiel: "Das war gestern in der Vorbereitung sehr spannend. Das dauert bei uns immer so drei bis dreieinhalb Stunden, bis wir wirklich alle Wege für einen Kunden verglichen haben. Am Ende aber meist - wie auch heute - mit einem Top-Ergebnis." Sehr wirksam findet er auch Nicht-Empfehlungen, weil der Vermittler damit glaubhafter und authentischer wirkt. Als Satzbaustein nennt er hier: "Wir haben gestern lange diskutiert und gerechnet, welche optimale Lösung auf Sie hundertprozentig passt. Diese Variante fällt raus, ich habe Sie ihnen nur zur Info mal mitgebracht."
Schließlich weiß er auch Rat, wie man gekonnt zum Abschluss überleitet - und zwar zum Beispiel, indem man die Unterschrift quasi voraussetzt: "So, bevor wir alles fertig machen - wenn es für Sie o.k. ist - zeige ich Ihnen noch welcher Service danach für Sie abläuft." Oder auch: "Unsere Kunden bekommen einen - und das ist in der Branche unüblich - garantierten Service. Bevor wir alles fixieren - wenn es für Sie o.k. ist - zeige ich Ihnen mal, wie der bei uns konkret aussieht." Als Schlussbemerkung kann der Vermittler laut Ritter darauf hinweisen, dass der heutige Termin nur der Anfang einer umfassenden Beratung war. Etwa so: "Wir arbeiten ja stets komplett für unsere Kunden. Das steht aber heute noch nicht an. Heute machen wir nur X und Y fertig."
Autor(en): Elke Pohl