"Die Lage ist ernst. Seit dem zweiten Weltkrieg gab es keine Herausforderung an unser Land mehr, bei der es so sehr auf unser gemeinsames solidarisches Handeln ankommt", stellte Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer öffentlichen TV-Ansprache klar. Gleichzeitig hat das Robert-Koch-Institut seine Einschätzung der Risikolage verschärft. "Es handelt sich weltweit und in Deutschland um eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation. Bei einem Teil der Fälle sind die Krankheitsverläufe schwer, auch tödliche Krankheitsverläufe kommen vor. Die Zahl der Fälle in Deutschland steigt weiter an", so die Wissenschaftler.
Nach Daten der amerikanischen Hopkins Universität waren am 19. März 2020 in Deutschland 12.327 Menschen mit Covid-19 infiziert, 28 sind an den Folgen der Lungenkrankheit bereits gestorben und lediglich 105 bisher genesen. Laut dem Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité kann die Krankheit auch für jüngere Menschen tödlich enden. In einem Beitrag für den NDR vermutet der Wissenschaftler, dass eine direkte Ansteckung der Lunge ursächlich sein könnte.
Lebensversicherungen zahlen und sind stabil
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erklärte auf Anfrage, dass die Corona-Epidemie zu keinerlei Einschränkungen bei den Leistungen der Lebensversicherungen führt. "Unabhängig von der Todesursache, also auch wenn sich Versicherte infizieren und an den Folgen einer Covid-19-Erkrankung versterben, leistet die Lebensversicherung wie vereinbart", erläuterte ein Sprecher. Gleichzeitig seien trotz der Turbulenzen an der Börse die Leistungsversprechen der Lebensversicherer "auf absehbare Zeit gesichert."
Börse beeinflusst Lebensversicherer weniger
Sinkende Zinsen oder Renditen wären kurzfristig kein Stabilitätsrisiko, da sie zu höheren Anleihekursen am Kapitalmarkt führten. "Die Anleihen im Bestand der Versicherungsunternehmen gewinnen also an Wert. Durch diesen Effekt werden Kursrückgänge an den Börsen und erhöhte Risikoaufschläge bei Unternehmensanleihen teilweise ausgeglichen", so der GDV.
Im Ergebnis blieben die gesamten Bewertungsreserven der Versicherer auf einem hohen Niveau. Problematisch sei aber, dass der Renditeverfall für die Neu- und Wiederanlage von Kapital zu schlechteren Bedingungen führe. Somit müssten die Versicherer - um Altgarantien zu halten - höhere Reserven in die Zinszusatzreserve einlegen. Das beeinflusst die Überschüsse der Lebensversicherer negativ. Als langfristige Kapitalanleger seien aber Lebensversicherungen von kurzfristigen Kursschwankungen am Aktienmarkt weitaus weniger betroffen als kurzfristig orientierte Anleger. Der GDV verwies zudem darauf, dass der Aktienanteil an den Kapitalanlagen nur bei rund sechs Prozent liege.
Neue Produkte mit Sicherung
Tatsächlich setzen aber die Lebensversicherer schon seit geraumer Zeit auf neue Produkte, die viel stärker kapitalmarktorientiert sind und somit von der jetzigen Krise auch erfasst werden. Laut der Ratingagentur Assekurata sind aber hier vor allem Fondspolicen betroffen. Neue Lebensversicherungsprodukte hätten "stabilisierende Elemente", die typisch für konventionell geprägte Lebensversicherungen seien. So gebe es Kapitalerhaltungsgarantien, garantierte Rückkaufs- und Rentenwerte sowie den Kollektivausgleich. "Kunden sind hier von den starken Börsenturbulenzen längst nicht so stark betroffen wie bei einem Direktinvestment", bestätigte auch Lars Heermann, der bei Assekurata die Analyseabteilung leitet.
Eine Rückkehr zu klassischen Lebensversicherungen hält der Experte aber angesichts des Tiefzinsumfelds aber nicht für realistisch. "Auch ganz aktuell sind die Marktzinsen von den Corona-Verwerfungen ja extrem betroffen", so Herrmann.
Neugeschäft könnte nachgeholt werden
Derzeit dürfte aber auch das Neugeschäft der Lebensversicherer unter der Pandemie leiden. Denn direkte Kundenkontakte sind aufgrund des Ansteckungsrisiko kaum noch möglich. Viele Versicherer haben ihre Außenbüros geschlossen oder die Mitarbeiter in Homeoffice beordert. Die Corona-Krise könnte nach Einschätzung von Heermann dazu führen, dass Vermittlerbüros nun noch mehr Technik mobilisieren und ihre digitalen Kanäle ausbauen. Heermann: "Damit wird Versicherungsberatung flexibler, Rüst- und Reisezeiten können reduziert werden."
Allerdings geht der Experte davon aus, dass die Face-to-Face Beratung bei komplexen Vorsorgethemen weiterhin von Bedeutung sein wird. "Insoweit rechne ich hier mit einem gewissen Nachholpotenzial, wenn nach überstandener Corona-Pandemie die sozialen Kontakte wieder intensiviert werden."
Das Thema Altersvorsorge rückt in den Hintergrund
Die Anfang des Jahres in einer Umfrage geäußerten sehr positiven Geschäftsaussichten für die Lebensversicherung, dürften aber laut Assekurata längst "Makulatur" sein. Schon durch die tagesaktuelle Berichterstattung über die Pandemie, rücke die Auseinandersetzung mit der eigenen Altersvorsorge in den Hintergrund. Heermann: "Corona wird die Wachstumspotenziale mindestens in diesem Jahr deutlich schmälern."
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek