Die Ampel-Regierung ist Geschichte, das Bundeskabinett hat aber noch die Verordnung über die Rechengrößen in der Sozialversicherung verabschiedet. Die Beitragsbemessungsgrenze ab 2025 steigt so hoch wie noch nie.
Die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der Krankenversicherung steigt 2025 auf 66.150 Euro. Das entspricht einem Monatseinkommen von 5.512,50 Euro. Das sind über 6,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit erreicht die Erhöhung und die BMG selbst ein Allzeithoch. Diese nackten Zahlen haben enorme Konsequenzen für die Arbeitnehmerinnen und die Arbeitnehmer in Deutschland. Die BBG bestimmt nämlich, bis zu welcher Höhe das Einkommen für Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen wird. Über diesen Grenzbetrag hinausgehende Bruttolöhne und -gehälter werden zur Beitragsberechnung nicht berücksichtigt.
Und das wird teuer nicht nur für gutverdienende Arbeitnehmer! Denn im kommenden Jahr kommt noch der höchste Beitragssprung in der Geschichte der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) um 0,8 Prozentpunkte auf dann 2,5 Prozent. Gleichzeitig steigt der Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung (SPV) um 0,2 Prozentpunkte auf 3,6 Prozent, Versicherte ohne Kinder zahlen zudem den Kinderlosenzuschlag von 0,6 Prozent und kommen auf einen Gesamtbeitrag von 4,2 Prozent.
Starke Belastung für hochqualifizierte Arbeitnehmer
Wer an oder über der BBG verdient, wird doppelt geschröpft. Zum einen durch den Anstieg der BMG um 4.050 Euro pro Jahr, auf die nun zusätzliche Sozialbeiträge bezahlt werden müssen. Zum anderen kommen die erhöhten Beitragssätze hinzu, sodass ein hochqualifizierter Arbeitnehmer ab 2025 einen Beitrag in Höhe von 943 Euro pro Monat allein für die Krankenversicherung in der GKV zahlt. Dazu kommen 232 Euro monatlich für die SPV, wenn der Versicherte kinderlos ist. Das ergibt zusammen 1.175 Euro im Monat – eine Mehrbelastung von 124 Euro gegenüber 2024 (im Jahr 1.488 Euro), wie der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) errechnet hat.
Auch Durchschnittsverdiener zahlen drauf
Wer meint, dass nur Besserverdienende von Erhöhungen betroffen sind, irrt. Das Durchschnittseinkommen liegt gemäß den Rechengrößen 2025 bei 4.208 Euro brutto im Monat. Der GKV-Beitrag steigt auf monatlich 720 Euro (+16,9 %), dazu kommen bis zu 177 Euro für die Pflegeversicherung. In Summe sind das monatlich 897 Euro. Das entspricht einer Mehrbelastung von 130 Euro im Monat oder 1.560 Euro pro Jahr. Damit ist die Belastung sogar noch höher als bei den Arbeitnehmern, die an oder über der BBG verdienen. Dieses Paradoxon liegt laut PKV-Verband an dem besonders starken Anstieg des Durchschnittseinkommens gemäß Regierungsstatistik.
Auch Arbeitgeber betroffen
Die Beitragsbemessungsgrenzen steigen, weil auch die Bruttolöhne im vergangenen Jahr um bundesweit 6,44 Prozent geklettert sind. Die so genannten Rechengrößen der Sozialversicherung werden turnusgemäß aufgrund der Lohnentwicklung angepasst. Gleichwohl ist der Anstieg überproportional hoch. Und das alles erhöht auch die Lohnzusatzkosten der Arbeitgeber, denn sie müssen sich über die an den höheren Beiträgen zur Hälfte beteiligen.
Arbeit wird noch teurer im Hochlohnland Deutschland und belastet damit die Wettbewerbsfähigkeit der Arbeitsplätze. Kein Wunder, dass sich die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände alarmiert zeigt: „Für die Unternehmen werden die Herausforderungen immer größer. Nur durch eine verlässliche Begrenzung der Sozialversicherungsbeiträge wird Deutschland langfristig wettbewerbsfähig bleiben können. Die Politik muss endlich liefern.“ Und: „Wir benötigen dringend strukturelle Reformen im Gesundheitswesen.“ Steuerökonom Tobias Hentze vom Institut der Deutschen Wirtschaft dazu: „Die Erhöhungen sind zwar gesetzeskonform und erwartbar, allerdings belastet dieser große Sprung Teile der Mittelschicht weiter und senkt in der Folge die Arbeitsanreize.“
Verschärft wird die Situation dadurch, dass in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosen-Versicherung die monatliche BBG ab dem 1. Januar 2025 von 7.550 Euro auf 8.050 Euro steigen wird. Das sind im Jahr 96.600 Euro statt bisher 90.600 Euro. Wer über dieser Grenze verdient, muss im kommenden Jahr 558 Euro mehr an gesetzlichen Rentenversicherungsbeiträgen zahlen. Auch die Arbeitgeber sind wieder zur Hälfte dabei.
Schock für PKV
Ein weiterer Effekt der Rekorderhöhung der Rechengrößen: Angestellte müssen im Jahr 2025 deutlich mehr verdienen, um sich frei zwischen der GKV und PKV entscheiden zu können. Die so genannte Jahresarbeitsentgeltgrenze oder Versicherungspflichtgrenze steigt 2025 von 69.300 auf 73.800 Euro jährlich. Ab diesem Gehalt sind Arbeitnehmer nicht mehr versicherungspflichtig in der GKV und können in die PKV wechseln. Diese Grenze ist höher als die BBG in der Krankenversicherung (66.150 Euro). Das ist ein Relikt der damaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt.
2003 wurde die Werte voneinander abgekoppelt. Damit hat man die die Wahlfreiheit der Versicherten bewusst eingeschränkt. Und so muss ab dem kommenden Jahr ein Arbeitnehmer 1.817 Euro mehr im Monat verdienen als im Jahr 2013, um in die PKV wechseln zu können. Es wird höchste Zeit, dieses Überbleibsel einer vergangenen Zeit zu beenden.
Autor(en): Bernhard Rudolf