Klimaforscher und Meteorologen fordern von der Politik schon lange ein Umdenken. Nun hat sich die Versicherungsbranche in die Gruppe der Mahner eingereiht und fordert von den politischen Entscheidern die jüngste Überschwemmungskatastrophe als Warnsignal zu begreifen und endlich aktiv zu werden. Allen voran erhebt der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) seine Stimme in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“.
Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV, beklagt sich in dem Interview, dass die Klimafolgenanpassung vielerorts zu kurz komme. Noch immer werde in Überschwemmungsgebieten gebaut, würden Flächen ungehindert versiegelt, stauten sich auf kommunaler Ebene Investitionen in Präventionsmaßnahmen. Dies müsse sich ändern.
2021 eines der schadenträchtigsten Jahre der jüngeren Vergangenheit
„Hier gilt es umzusteuern, sonst setzt sich eine Spirale aus weiteren Katastrophen und steigenden Schäden in Gang, die erst teuer und irgendwann unbezahlbar wird“, mahnt Asmussen. Nach seiner und der Einschätzung seiner Verbandkollegen zeichne sich ab, dass 2021 eines der schadenträchtigsten der jüngeren Vergangenheit werde. Die jüngsten Ereignisse werden als historisch angesehen.
Für das vergangene Jahr sah der GDV-Report noch weitaus unproblematischer aus. Da lautete der Tenor: „Die Elementarschäden liegen in diesem Jahr erneut unter dem langjährigen Durchschnitt, sowohl in der Sach- als auch in der Kfz-Versicherung. Ein Sturm ragt aus der Statistik jedoch besonders heraus.“
2020: Mit nur rund 500 Millionen Euro unter dem Wert von 2019
Für Beschädigungen durch Sturm, Hagel und weitere Naturgefahren wie Starkregen hatten die Versicherer 2020 rund 2,5 Milliarden Euro geleistet. Die versicherten Schäden an Häusern, Hausrat, Kraftfahrzeugen sowie in Gewerbe und Industrie lagen damit rund 500 Millionen Euro unter dem Wert von 2019 und unter dem langjährigen Mittel von etwa 3,7 Milliarden Euro. „2020 war ein unterdurchschnittliches Schadenjahr, vor allem auch weil schwere Hagelereignisse ausgeblieben sind“, konnte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen damals entspannt verkünden.
Extremwetterereignis einer neuen Dimension
Das wird dieses Jahr dramatisch anders aussehen, davon sind auch andere Versicherungsexperten überzeugt, können aber natürlich noch keine eindeutigen Zahlen liefern. So hat sich auch Alexander Vollert, Deutschlandchef des französischen Versicherungskonzerns Axa, kritisch zu Wort gemeldet: „Das ist ein Extremwetterereignis einer neuen Dimension“, Die Schwere der Sachschäden und vor allen Dingen die große regionale Ausbreitung sei einmalig. „Wir reden hier nicht von Überschwemmungen, sondern von Sturmfluten in großem Stil“, sagt Vollert.
Sicherlich mit erheblichen Schadenumfang zu rechnen
Klare Aussagen über den Schadenumfang wagen auch andere Entscheider in der Versicherungswirtschaft noch nicht. Laut Allianz-Vorstand Jochen Haug ist es noch viel zu früh, verlässliche Zahlen und Fakten zu liefern. Seine vage Formulierung lautet zum jetzigen Zeitpunkt natürlich nur, dass „sicherlich mit einem erheblichen Schadenumfang“ zu rechnen sei.
Der Versicherungskonzern aktiviere aber in ganz Deutschland bereits seine Sachverständigen, um seinen Kunden in den betroffenen Gebieten schnell und unkompliziert zu helfen.
Quellen: GDV, Welt am Sonntag
Autor(en): Meris Nerininger