Die staatliche Hilfszahlung an von der anhaltenden Dürre betroffene Bauern in Höhe von 340 Millionen Euro nimmt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zum Anlass, diese Praxis in Frage zu stellen.
Zwar begrüßt der GDV grundsätzlich die unbürokratische Unterstützung betroffener Landwirte, wie Rainer Langner, Vorstandschef der Vereinigten Hagelversicherung und Leiter des GDV-Expertennetzwerks Landwirtschaft, betont. Allerdings seien diese Ad-hoc-Zahlungen keine nachhaltige Lösung. Bauern würden zu Bittstellern degradiert.
Klima-Schäden werden zunehmen
Besser wäre ein funktionierendes System vorausschauender Vorsorge, das den Landwirten Planungs- und Rechtssicherheit geben würde, so Langner weiter. „Wenn wir davon ausgehen, dass klimabedingte Schäden künftig tendenziell häufiger auftreten und größere Werte vernichten, brauchen wir einen Paradigmenwechsel für staatliche Hilfen in der Landwirtschaft“, fordert er.
Gegenwärtig können sich Landwirte zwar gegen die Folgen von Trockenheit versichern. Allerdings seien die Prämien und Selbstbehalte so hoch, dass sich diesen Versicherungsschutz im Augenblick kaum ein Landwirt leisten kann. Das liege daran, dass Dürre ein Kumulrisiko ist, das nicht häufig und auch nicht regelmäßig vorkommt. Wenn es dann aber eintrete, seien gleich mehrere Regionen betroffen und der Schaden entsprechend groß.
Dürreschäden schwer zu kalkulieren
Das mache es für die Versicherer schwer, ausreichend Risikokapital vorzuhalten. „Ganz im Unterschied zu Hagelschäden“, erklärt Langner weiter. „Die treten zwar häufiger auf, sind jedoch meist regional begrenzt. So kommt es, dass drei Viertel der Ackerflächen beziehungswesie fünf Millionen Hektar gegen Hagelschäden versichert sind, aber nur 5.000 Hektar gegen Dürreschäden.“
Andere EU-Länder machen es vor, wie Policen gegen Trockenheit erschwinglich werden. „Drei Viertel der EU-Staaten – etwa Frankreich, Italien, Spanien, Polen, Österreich und die Niederlande – bezuschussen Mehrgefahrenpolicen, die alle Wetterrisiken einschließen, also auch Trockenheit“, weiß der GDV-Experte. Die Förderung liege teilweise bei 70 Prozent, wodurch die Policen für die Bauern erschwinglich werden.
Staat und Landwirte gemeinsam gegen Trockenheit
Da es diese Förderung in Deutschland bislang nicht gibt, sei so gut wie kein landwirtschaftlicher Betrieb gegen Dürreschäden versichert. Ein von Staat und Landwirtschaft kofinanzierte Risikovorsorge würde den Landwirten einen rechtssicheren Anspruch auf Entschädigung nach Wetterextremen geben, den aktuellen Wettbewerbsnachteil im europäischen Binnenmarkt ausgleichen und die Landwirtschaft insgesamt widerstandsfähiger gegenüber den Einflüssen des Klimawandels machen.
„Man kann hinterfragen, warum der Gesetzgeber zwar die Versicherungssteuer für Policen gegen Hagel, Sturm, Starkregen, Überschwemmung und Frost gesenkt hat, nicht aber bei Versicherungen gegen Trockenheit“ richtet er sich an die Politik. Die Versicherer seien jedenfalls in der Lage, eine erhöhte Nachfrage nach Mehrgefahrenversicherungen zu bedienen.
2017 gut zu tun im Schadenbereich
Um ganz andere Wetterkapriolen dreht sich der aktuelle Allianz Naturkatastrophenkalender für das Jahr 2017. Alleine der Allianz wurden demnach im vergangenen Jahr 300.000 Unwetterschäden gemeldet – im Schnitt alle zwei Minuten ein Schaden. Jochen Haug, Schadenvorstand der Allianz, fasst zusammen: „Die Gesamtzahl der gemeldeten Schäden hat sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Wir hatten 2017 gut zu tun.“ 485 Millionen Euro zahlte Deutschlands größter Versicherer an seine Kunden aus – 63 Prozent mehr als für die 152.000 Schäden des Jahres 2016. Nur die durchschnittliche Schadenhöhe sank 2017 auf 1.601 Euro im Vergleich zu 1.955 Euro im Vorjahr.
Sturm und Hagel wüteten am häufigsten
Schadenverursacher Nummer 1 waren 2017 Sturm und Hagel mit mehr als 242.000 Fällen. Danach folgen Blitz und Überspannung mit fast 44.000 Schäden. Glimpflich ging das Jahr 2017 bei Überschwemmung und Starkregen aus: Die Zahl der Schäden ging von 17.000 auf 13.000 zurück. Allerdings hat sich der Anteil an der Schadensumme über den Zeitraum von 2015 bis 2017 überdurchschnittlich entwickelt. Von den mehr als 760.000 Schäden innerhalb der drei Jahre mit einer Schadensumme von insgesamt 1,16 Milliarden Euro haben die knapp fünf Prozent Überschwemmungsschäden 16 Prozent der Schadensumme beansprucht.
Auch für 2018 rechnet die Allianz mit steigenden Zahlungen für Unwetterschäden. Die Elementarschadenbilanz der ersten sechs Monate lag bereits deutlich über dem langjährigen Durchschnitt. Allein in diesem Zeitraum zahlt der Versicherer seinen Kunden voraussichtlich 392 Millionen Euro aus – 173 Millionen mehr als im gleichen Zeitraum des Jahres 2017.
Autor(en): Elke Pohl