Zur Sicherung der Solvenz des deutschen Mittelstands verlangt die FDP-Fraktion die Einführung einer "Negativen Gewinnsteuer". Alle in Deutschland steuerpflichtigen selbstständigen Freiberufler und Unternehmen sollen zur Solvenzsicherung eine nicht rückzahlbare Steuerauszahlung von 80 Prozent des Gewinneinbruchs im Jahr 2020 gegenüber 2019 erhalten, wird in einem Antrag (19/18669) verlangt.
Dabei solle der Gewinnrückgang der jeweiligen Branche den Maßstab bilden, damit nicht einzelne Firmen gerettet würden, deren Gewinnrückgang nicht auf den Corona-Lockdown zurückzuführen sei. Zuschüsse mit Coronavirus-Bezug aus dem Bundeshaushalt sollen allerdings gegengerechnet werden.
Kreditrückzahlung droht Eigenkapital von KMUs aufzuzehren
Die Negative Gewinnsteuer könne über die Finanzämter schnell und unbürokratisch ausgezahlt werden, damit die Unternehmen kurzfristig weiterhin Mieten, Pachten und Rechnungen bezahlen könnten. Es sei an der Zeit, den Lockdown schrittweise wieder aufzuheben und langsam zur Normalität zurückzukehren. Dies erlaube immer mehr Unternehmen, ihre Produktion wieder hochzufahren. Damit sei es allerdings für viele Selbstständige und Betriebe nicht getan. Sie müssten die staatlich garantierten Darlehen, die sie zur Liquiditätssicherung aufgenommen hätten, wieder zurückzahlen. "Die Rückzahlung der Kredite droht dann das Eigenkapital vieler kleiner und mittlerer Unternehmen aufzuzehren", befürchtet die FDP-Fraktion.
Daher müsse die Solvenz des deutschen Mittelstands gesichert werden, denn es nütze nichts, den Betrieben mit Darlehen über die schwierigen ersten Monate zu helfen, wenn sie anschließend doch zum Insolvenzverwalter gehen müssten, sobald die Kredite zurückzuzahlen seien. Die FDP-Fraktion bezeichnet daher die Sicherung der Solvenz der deutschen Unternehmen als die "wichtigste finanzpolitische Aufgabe".
Unternehmensgewinne könnten um 128,4 Milliarden Euro zurückgehen
Die FDP-Fraktion rechnet vor, dass die Unternehmensgewinne durch die Krise um 128,4 Milliarden Euro zurückgehen könnten. Für diese entgangenen Gewinne wären rund 102,7 Milliarden Euro an Negativer Gewinnsteuer zu zahlen, von denen allerdings sämtliche bereits aus anderen Hilfsprogrammen des Bundes erhaltenen Zuschüsse abgezogen werden müssten. Die darüber hinausgehenden Mehrkosten könnten mit der ebenfalls bereits im Nachtragshaushalt eingestellten globalen Mehrausgabe in Höhe von 55 Milliarden Euro voraussichtlich vollständig gedeckt werden, erwartet die FDP-Fraktion.
NGS soll sich am Gewinneinbruch orientieren
Die FDP lehnt aber "leistungsfeindliche Subventionen" strikt ab. Der Grund: Zurzeit würden staatliche Hilfen auch an Unternehmen ausgereicht, die schon vor der Corona-Pandemie aufgrund eigener Versäumnisse an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt hätten.
Um solche Mitnahmeeffekte möglichst auszuschließen, solle sich die Negativen Gewinnsteuern (NGS) nicht am individuellen Gewinneinbruch, sondern am Gewinneinbruch der jeweiligen Branche orientieren. Die verschiedenen Branchen seien sehr unterschiedlich von der Pandemie betroffen, zum Beispiel das Reise- und Veranstaltungsgewerbe weit stärker als der Online-Handel.
Maßnahmen sollen individuellen Erfolg nicht bestrafen
Werde die NGS an der Branche und nicht an der einzelnen Firma bemessen, würden weit direkter die Lockdown-Effekte abgebildet und nicht der individuelle Erfolg oder Misserfolg einer spezifischen Geschäftsidee: Ein Unternehmen, das einen Rückgang des Gewinns von 50 Prozent erwirtschafte, obwohl es in seiner Branche im Schnitt nur 30 Prozent seien, bekomme auch nur 30 Prozent seines individuellen Gewinns von 2019 als NGS (mit dem negativen Steuersatz von 80 Prozent) erstattet – der darüber hinausgehende Verlust verbleibe in der individuellen Verantwortlichkeit.
Ein Unternehmen dagegen, das sich ein Stück weit vom Lockdown-bedingten negativen Branchentrend löse und statt 30 Prozent nur zehn Prozent Gewinneinbuße verzeichne, bekomme die NGS in derselben Höhe erstattet wie der weniger erfolgreiche Konkurrent. So werde vermieden, individuellen Erfolg zu bestrafen und Misserfolg zu belohnen.
Quelle: Deutscher Bundestag
Autor(en): Versicherungsmagazin