Corona: Viele Falltüren beim Reiseschutz

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Bisher leisten alle privaten Auslandskrankenversicherer, wenn ein Kunde im Urlaub an einer Corona-Infektion erkrankt. Beim Reiserücktritt- und Abbruchschutz ist das nicht immer gegeben. Es kommt auf den Versicherer und die Umstände an, warum eine Reise nicht mehr angetreten werden kann oder abgebrochen werden muss.

Bisher galt die Auslandskrankenversicherung als das Non plus ultra. Sie wird von Verbraucherschützern stets als unerlässlich empfohlen. Nun gibt es selbst bei dieser Police Unsicherheiten. So bestätigt die Versicherungskammer Bayern für die Union Reiseversicherung (URV), dass ein Pandemieausschluss für alle Sparten gilt. Betroffen sind Reise-Rücktrittskosten-, Reiseabbruch-, Reisegepäck-, Notfallservice- und eben auch Auslandsreise-Krankenversicherung.

Trotz Pandemieausschluss: Leistung in Kranken

Immerhin will der Versicherer aus der Reisekrankenversicherung leisten. Auf der Homepage (urv.de/content/privatkunden/reiseversicherungen/corona-virus) heißt es " … die Auslandreise-Krankenversicherung übernimmt die Behandlungskosten im Rahmen der Versicherungsbedingungen… Erkranken Sie selbst am Corona-Virus sind die Behandlungskosten versichert." Allein für Quarantänemaßnahme gebe es keine Leistungen aus der Auslandskrankenversicherung "Kosten für entgangene Urlaubsfreuden sind nicht versichert", erläutert die URV.

Reisende haben also nochmal Glück gehabt. Zumindest zum aktuellen Zeitpunkt will sich der Versicherer beim Gesundheitsschutz nicht auf seinen Pandemieausschluss berufen. "Wir ordnen Corona nicht als Pandemie ein", stellt ein Sprecher der Versicherungskammer Bayern klar. Dabei hat die Weltgesundheits-Organisation (WHO) den Notfallstatus erklärt, die Public Health Emergency of International Concern (PHEIC). Das ist die maximale Warnstufe. Sie gilt seit Ende Januar für COVID-19. Alle anderen großen Auslandskrankenversicherer haben keinen Pandemieausschluss in ihren Bedingungen. Sie leisten in vollem Umfang.

Missachtete Reisewarnung ist gefährlich 

Der Krankenschutz kann aber trotzdem vollkommen eingeschränkt werden, wenn der Kunde eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes missachtet. Das gilt zumindest für die Allianz Travel Reise-Krankenversicherung. In der Praxis können Behandlungen des Corona-Virus im Ausland erschwert sein. So verweist die Central Krankenversicherung darauf, dass ihr Servicedienstleister im Ausland, die Europ Assistance bei der Corona-Infektion die rechtlichen Gesundheitsmaßnahmen des jeweiligen Landes beachten muss.

So kann es sein, dass ausländische Behörden die Weiterbehandlung in speziellen Gesundheitszentren vorschreiben. Auch Rückführungen in Linienfliegern oder Ambulanzflugzeugen könnten laut Central schwierig oder unmöglich sein. In aller Regel dürfte der Corona-Patient im jeweiligen Urlaubsland behandelt werden.

Auslandskranken bleibt empfehlenswert

Die Rückholung aus dem Ausland darf die gesetzliche Krankenkasse grundsätzlich nicht bezahlen. Daher schließt die Reisekrankenversicherung für gesetzlich krankenversicherte Urlauber eine existenzgefährdende Lücke. Zudem zahlen die Kassen im Ausland nicht alle Behandlungen. Schon deshalb ist die Auslandreisekrankenversicherung ein Muss für alle Kassenkunden.

Anders ist dies bei Privatpatienten. Sie haben eine Rückholung meist mitversichert. Trotzdem ist auch für Privatversicherte der Abschluss des zusätzlichen Auslandschutzes sinnvoll. "Die Auslandsreisekrankenversicherung kann durchaus bessere Leistungen bieten als der eigene Privattarif", erläutert der Versicherungsberater Stefan Albers aus Montabaur.

Angst kein Rücktrittsgrund

Reine Angst ist bisher bei keiner Reiseversicherung ein Rücktrittsgrund. "Selbst bei Erkrankungen aufgrund reiner psychischer Reaktion oder Befürchtung von Kriegsereignissen, Unruhen, Terrorakten oder Flugunglücken sind die Stornokosten in der Regel nicht versichert, wenn der Kunde seine Reise nicht mehr antreten will", sagt Reinhard Bellinghausen vom Versicherungsmakler Dr-Walter. Das gilt auch für Seuchen - also den Coronavirus. Auch "psychische Reaktionen" auf Krankheiten oder Seuchen sind bei einigen Anbietern, wie der Barmenia und der Hanse Merkur laut Dr-Walter nicht versichert.

Wer hingegen durch den Corona-Virus krank wird, hat einen versicherten Grund, die Reise nicht anzutreten oder abzubrechen. "Auch im Verdachtsfall übernehmen wir selbstverständlich die Erstattung für unsere Versicherten, sollte ein Corona-Test vom Arzt als medizinisch notwendig erachtet, durchgeführt und abgerechnet werden", heißt es bei der Ergo-Versicherung.

Noch mehr Pandemie-Ausschlüsse

Das Unternehmen hat aber für die Rücktritts- und Abbruchversicherung einen Pandemieausschluss in ihren Bedingungen. "Sollte jedoch die WHO diese Krankheit als Pandemie einstufen, erhalten Kunden, die an COVID-19 erkrankt sind, keine Erstattungsleistung", heißt es bei der Ergo. Auch dieser Versicherer will die Infektion noch nicht als Pandemie bewerten.

Einen Pandemieausschluss in der Rücktritts- und Abbruchpolice haben laut dem Versicherungsmakler Dr-Walter auch Coverwise Limited aus Gibraltar und die Lifecard-Travel-Assistance (LTA) aus Mannheim. Zudem verweist Experte Bellinghausen darauf, dass es kein versicherter Grund ist, wenn das Zielland die Einreise verweigert. Einige Versicherer, wie die Signal-Iduna, die Debeka oder Barmenia leisten auch keine Stornokosten oder die Mehraufwendungen bei Abbruch, wenn eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vor dem Start der Reise erfolgte. Die Allianz Global Assistance verweist zudem darauf, dass eine Warnung des Auswärtigen Amtes kein versicherter Rücktrittgrund ist.

Beratung ist sinnvoll

Angesichts der  vielen Unsicherheiten beim Reiseschutz sollten Neukunden sich beim Abschluss einer Police besser von einem Versicherungsmakler beraten lassen. Zudem sollten nur Angebote ausgewählt werden, bei denen der Reiseversicherer den Versicherungsombudsmann als Schlichter zugelassen hat. Dann hat man bei Streit um die Leistung zumindest einen durchsetzungsfähigen Helfer.

Neue Lage auch im FAQ angepasst

"Seit gestern ordnen wir Corona als Pandemie ein. Grund ist die jüngste Klassifikation der WHO. Dennoch leisten wir über Auslandskranken bei einer Corona-Erkrankung aktuell weiter. Entsprechend haben wir die neue Lage auch in unseren FAQ angepasst: (urv.de/content/privatkunden/reiseversicherungen/corona-virus)", erläuterte Dr. Michael Lehner von der Unternehmenskommunikation der Versicherungskammer Bayern am 13. März 2020.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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