Sehr positiv hat sich der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) zur neuen Ampelkoalition auf seiner diesjährigen Jahrestagung geäußert. So begrüßten die "Versicherungsvermittler in Deutschland" das Bekenntnis des Koalitionsvertrages zu den drei Säulen der Altersvorsorge.
In die richtige Richtung ginge auch die Erhöhung des Sparerfreibetrages auf 1.000 Euro sowie die Nichtberücksichtigung einer so genannten Bürgerversicherung, wie sie in den Wahlprogrammen von SPD und den Grünen anvisiert wurde. Zudem befürworten die Vermittler die Absicht, bei der Altersvorsorgepflicht für Selbstständige eine Wahlfreiheit mit Opt out für private Altersvorsorge einzuführen. Als selbstständige Unternehmer würden sie die Anforderungen des Berufsstandes am besten kennen und könnten individuelle Vorsorgelösungen anbieten.
Regierung muss Riester reformieren
"Wir vermissen aber weiterhin die Initiative der Politik für die private Altersvorsorge", sagte BVK-Präsident Michael Heinz. Der Verbandschef zeigte aber Verständnis dafür, dass derzeit die Kapazitäten der Ampelkoalition vor allem durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine stark eingeschränkt sind. Er verwies aber darauf, dass ein Standardprodukt, das im Koalitionsvertrag vorgeschlagen wird, niemals die sehr individuellen Bedürfnisse der Bürger erfüllen könnte. Es sei Aufgabe der qualifizierten Beratung eines Versicherungskaufmanns, beispielsweise zusätzlichen Hinterbliebenen- oder Arbeitskraftschutz zu organisieren.
Auf der Fachtagung des Verbandes "Europäische Finanzregulierung und neue Bundesregierung - Auswirkungen auf den deutschen Vermittlermarkt" forderte Martin Gräfer, Mitglied des Vorstands die Bayerische, dass die staatlich geförderte Riesterrente in eine Aktienrente umgewandelt wird, damit die Kunden höhere Renditechancen erhalten können. Allgemein kritisierten Versicherer, Vermittler und Politiker auf der Konferenz, dass für die Riester-Rente noch immer eine Bruttobeitragsgarantie vorgeschrieben ist. Damit würde das Produkt kaputt gemacht.
So appellierte Markus Ferber, Mitglied des Europäischen Parlaments an die Bundesregierung, die Riester-Rente zu reformieren. Nach seiner Meinung wird die Europarente, die Pan-European-Personal-Pension (PEPP) nicht funktionieren. "Der Grund ist einfach", so Ferber. "Es gibt keine Anreize der nationalen Staaten." Ferber ist seit 2014 erster stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON) im Europäischen Parlament.
Nachhaltigkeitsauflagen bereiten viele Probleme
Beim Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft in Deutschland könnten die Lebensversicherer laut Rolf Wiswesser, Vorstandsmitglied Allianz Versicherungs-AG, einen "wirkungsvollen Beitrag" leisten. Es müsste ihnen daher stärker erleichtert werden, in Energie und Infrastruktur zu investieren. Scharfe Kritik äußerte der Allianzvorstand an der derzeitigen Systematik der Nachhaltigkeits-Taxonomie. Versicherern würde regelrecht verboten Unternehmen zu schützen, die noch ihren ökologischen Fuß-Print verbessern müssten. "Versichere ich eine Kupferhütte, stelle ich mich als Assekuranz selbst an den Pranger", so Wiswesser. Daher sei es viel besser, dass über preisliche Mechanismen CO2 immer mehr vermieden würde. Nur so hätte der Stahlproduzent die Möglichkeit, in fünf Jahren nachhaltig zu werden. Viel Kritik heimste die Transparenzverordnung (TVO) mit ihrer Beratungspflicht zur Nachhaltigkeit ein. "Das ist reine Bürokratie", sagte Gräfer. Das erschwere die Beratung massiv und die Kunden regelrecht unter Druck setzen, nachhaltig anzulegen.
In seinem auf der Jahreshauptversammlung verabschiedeten Leitantrag "Europäische Finanzregulierung und neue Bundesregierung - Positionen und Forderungen der Vermittler", verlangt der BVK hinsichtlich der im August 2022 in Kraft tretenden neuen Beratungspflichten eine stärkere Förderung nachhaltiger Produkte. Noch gibt es nachhaltige Angebote nur als Nischenprodukte, wie der BVK feststellt. Auch bei der Vergütung gebe es noch Nachholbedarf. So heißt es im Leitantrag: "Statt Bonifikationen auf Basis von Vertriebssteuerungen bei Exklusivvertrieben, sollte zur Kompensation eine Anpassung der Vergütung, verteilt auf die Laufzeit, zur Erhöhung der Nachhaltigkeit umgeschichtet werden."
Dahinter steht die Kritik, dass an bestimmte Vermittlergruppen immer noch eine überhöhte Provision gezahlt wird. Insgesamt befürwortet der BVK das Thema "Nachhaltigkeit im Vertrieb" als wesentliches Zukunftsthema und hat eigens die Initiative nachhaltiger-vermittlerbetrieb.de initiiert. Personell wurde der Verband deutlich gestärkt. Durch eine Kooperation mit dem Maklerpool Brandgilde VersicherungsKontor konnten zusätzlich rund 1.000 Versicherungsmakler in den BVK aufgenommen werden.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek