Die Arbeitskraft ist die Grundlage einer jeden Existenz. Trotzdem stagniert der Markt an Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU) und anderen Arbeitskraftabsicherungsprodukten seit langem. Nur rund 25 Prozent der Erwerbstätigen besitzen eine BU.
Auf dem Markt der Arbeitskraftabsicherung hat sich in den vergangenen Jahren viel getan, dennoch ist es nicht gelungen, die Absicherungsquote eklatant zu steigern. Auf der 1. Fachkonferenz "Zukunftsmarkt Arbeitskraftabsicherung" der Versicherungsforen Leipzig ging es daher vornehmlich darum, die Herausforderungen in der Arbeitskraftabsicherung zu beleuchten und neue Produktansätze sowie optimierte Vertriebsprozesse über den Antrag bis zur Leistung zu diskutieren.
Vorbehalte im Vertrieb
Aktuell basieren Produkte zur Arbeitskraftabsicherung meist auf dem Status quo des Marktes, nicht aber auf den Bedürfnissen der Kunden. Hier gilt es für die Versicherer, genauer hinzuschauen und die Bedürfnisse der einzelnen Kundengruppen zu evaluieren. Denn selbst, wenn ein Bedarf für eine BU erkannt wurde, haben Kunden oft kein Bedürfnis, diese abzuschließen. Die negative Konnotation von Versicherungen und dem Thema Berufsunfähigkeit führt dazu, dass Kunden sich damit kaum beschäftigen. Kritik wird ebenso an vermeintlich wie hohen Kosten, Intransparenz und Ausschlüssen laut.
Auch der Vertrieb hat oftmals Vorbehalte: Neben Aspekten wie der Komplexität von Arbeitssicherungsprodukten und schwierigen Antrags- und Leistungsprüfungen ist die Beratungshaftung, die im schlimmsten Fall geltend gemacht werden kann, eine Hürde.
Erlebbare Versicherungen
Der Markt der Arbeitskraftabsicherung steht offensichtlich vor großen und vielfältigen Herausforderungen. Antworten auf die genannten Probleme wurden auf der Fachkonferenz von den Rückversicherern Deutsche Rück und Munich Re sowie von den Basler Versicherungen und der Sijox (Signal Iduna Gruppe) vorgestellt. Die Ideen reichen dabei von Services für den Kunden zusätzlich zur eigentlichen BU über abgespeckte Produkte, die auch für körperlich tätige Personen erschwinglich sind bis zu BU-Produkten, bei denen man mittels gesunder Lebensweise die zu zahlenden Beiträge verringern kann.
Mit diesem Ansatz versucht beispielweise Sijox, die junge Marke der Signal Iduna Gruppe, ihr Produkt "AppLife" den Kunden schmackhaft zu machen. Über 40 Prozent der Beiträge können sich Kunden mithilfe einer Schrittzähler-App und der entsprechenden Nutzung wieder zurückholen. Die Versicherung soll so erlebbar gemacht werden. Weiterer Vorteil dieser laufzeitbegrenzten Versicherung: Nach fünf Jahren ist der Übergang in ein Anschlussprodukt bei der Mutter Signal Iduna ohne erneute Gesundheitsprüfung möglich.
Nicht jeder kann eine BU in Anspruch nehmen
Bei der Deutschen Rück sind mittels Design-Thinking-Ansatz zwei Produktkonzepte entstanden, die Arbeitskraftabsicherung mit Vorsorge kombinieren und das veränderte Anspruchsdenken junger Kunden adressieren sollen.
Einen etwas anderen Blick auf das Thema warf Dr. Gerhard Schick, Mitglied des Bundestages und Finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Er betonte, dass Statistiken zufolge die Bürger sehr wohl das Risiko von Berufsunfähigkeit und die Relevanz einer entsprechenden Versicherung erkennen würden. Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente müsse weiter gestärkt werden, doch die BU-Versicherung bleibe trotzdem ein zentraler Ergänzungsbaustein, den momentan nicht alle Menschen in Anspruch nehmen könnten.
Risikoprüfung gehört an den Beginn der Beratung
In einer Podiumsdiskussion an der neben Schick noch Vertreter der Munich Re, der Gothaer Lebensversicherung sowie der Makler Philip Wenzel teilnahmen, wurden Schicks Thesen diskutiert. Dass die BU als Premium-Produkt der Arbeitskraftabsicherung einem Gros der Kunden (aufgrund von Ausschlüssen oder hohen Kosten) nicht zugänglich sei, war dabei allen Teilnehmern bewusst. Man müsse daher darauf achten, dass BU-Alternativen nicht als Notlösungen positioniert werden und so verständlich seien, dass sowohl Kunde als auch Vertrieb die Vorteile dieser Lösungen erfassen könnten.
Einigkeit bestand darin, dass eine Risikoprüfung eigentlich an den Beginn einer Beratung gestellt werden müsse, damit auf dem Ergebnis aufbauend die richtigen Produkte für den Kunden empfohlen werden könnten. Die Risikoprüfung dürfe nicht die letzte große Hürde sein, an der Kunden scheitern und mit einem schlechten Gefühl auf das Thema zurückgelassen werden.
Autor(en): Katharina Thiemann, Versicherungsforen Leipzig