Das Weltwirtschaftsforum warnt aktuell Banken und Versicherer davor, sich zu stark auf die Partnerschaft mit einem Technologieunternehmen wie Facebook oder Amazon zu verlassen.
Die Autoren einer noch nicht veröffentlichten Studie haben Hunderte Fachleute aus der Finanz- und IT-Branche befragt, wie sie die Bedrohung für Banken und Versicherer durch neue Technologien einschätzen. Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung liegt diese Untersuchung vor, wie sie in Ihrer Ausgabe vom 22. August schreibt.
Nicht die Fintechs sind die eigentliche Gefahr
Aus Deutschland hat sich zum Beispiel Dieter Wemmer, seines Zeichens Finanzvorstand bei der Allianz, in dieser Studie zu Wort gemeldet. Seine Einschätzung, wie die auch anderer Verantwortlicher aus dem FDL-Sektor, ist: Nicht die Fintechs dürften künftig den Finanzkonzernen gefährlich werden, sondern die mächtigen Technologiekonzerne wie Apple, Google oder eben Facebook.
Jesse McWaters ist Projektleiter des Weltwirtschaftsforums für disruptive Innovationen in der Finanzwelt. Er ist auch derjenige, der federführendvbei der Studie ist. Er bemängelt, dass sich viele Finanzinstitute bei ihren wichtigsten strategischen Fähigkeiten schon zu stark auf Apple und Co. verließen. Sie könnten diesen im Gegenzug nur ihr laufendes Geschäft anbieten. Zu wenig, wie der Studienleiter meint. Denn dieses Geschäft können die Technologieriesen bereits selbst liefern. Amazon bietet zum Beispiel in vielen Ländern eigene Bezahldienste und Konsumentenkredite an. Erst kürzlich hat die Berliner Smartphone-Bank N26 verkündet, dass sie noch 2017 in Frankreich und Italien Apple Pay in ihre App integrieren möchte. Die Markenstärke und die enorme Datenbasis dieser Unternehmen sind die Grundlage dafür, dass sie immer stärker in den Finanzsektor vordringen können.
Versicherer haben schnell auf neue Mitbewerber reagiert
Eine frühere Einschätzung haben die Autoren des Weltwirtschaftsforums in ihrer aktuellen Studie aber revidiert. Damals waren sie noch überzeugt, dass die Fintechs in einigen Nischen das Finanzsystem vollkommen verändern könnte. Dies würde nicht mehr passieren, denn viele Banken und Versicherer hätten schnell auf die neuen Mitbewerbern reagiert, mit den Fintechs kooperiert oder deren Geschäftsmodell adaptiert. Außerdem hätten diese Start-ups nicht genügend Kunden erreicht, um ein profitables Geschäft liefern zu können.
Langjähriger Mahner: Sascha Lobo
Aber schon vor zwei Jahren, im September 2015, hatte zum Beispiel Die Continentale auf ihrem PKV-Forum das Thema Digitalsierung in der Versicherungsbranche auf ihrer Agenda. Ein prominenter und Gast und Mahner auf diesem Forum war Sascha Lobo.
Der Blogger, Journalist und Autor Lobo zeigte sich bei dieser Veranstaltung überzeugt, dass der übermächtige Wunsch der Menschen nach Information immer stärker auch von Plattformen wie Google und Wikipedia (aus-)genutzt werde. Diese Unternehmen sammelten heute bereits eine Unmenge an Daten, noch nicht einmal wissend, wie sie diese genau verwenden wollen. Aber der Besitz dieser Daten mache diese Player so mächtig, dass sie versuchten, Geschäftsmodelle in Deutschland zu etablieren, die bislang bei uns noch nicht erlaubt seien. Google sei bereits dabei, über Gesundheitsdaten attraktive Kunden zu finden, den unattraktiven Rest überlasse der Konzern dann der Versicherungswirtschaft.
Ungesundes Ungleichgewicht
Dieses Ungleichgewicht der Datenlage zwischen der Versicherungswirtschaft und zwischen Google sei langfristig für die Versicherer ungesund und dieser Trend müsse zudem dazu führen, dass man endlich wieder zwischen Datenmacht und Datengläubigkeit unterscheiden müsse. Ganz wichtig sei in diesem Kontext auch, dass sich die Verantwortlichen der Branche – so unter anderem im Vertrieb - weiterbildeten, um die aktuellen Technologien zu verstehen, um dann den Kunden allumfassend beraten zu können.
Und so lautete der konsequente Appell von Lobo an die Versicherer: „Sie müssen verhindern, dass Google & Co. unendlich mehr über Ihre Kunden wissen als Sie selbst und dass ausländische börsennotierte AGBs wichtiger werden als die hiesige Gesetzeslage.“
Quellen: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Versicherungsmagazin (Meris Neininger)
Autor(en): Meris Neininger