bAV: Volle Zillmerung problematisch

Über das Thema gezillmerte Versicherungstarife in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) sprach Dr. Gerhard Reinecke, Vorsitzender Richter am Bundesarbeitsgericht (BAG), bei einer bAV-Konferenz des Deutschen Instituts für Betriebswirtschaft und der neu fusionierten Unternehmensberatung Towers Watson (früher Towers Tillinghast und Dr. Dr. Heissmann GmbH) in Wiesbaden.

Zwar sei für Neuverträge nach dem neuen VVG das Problem „deutlich entschärft“ worden, doch für Hunderttausende von Altverträgen werde der Bundesgerichtshof bald eine Grundsatzentscheidung treffen. Reinecke verwies auf die BAG-Entscheidung vom 15. September 2009 (3-AZR-17/09): „Es ist rechtlich problematisch, wenn der Arbeitgeber bei einer Entgeltumwandlung dem Arbeitnehmer anstelle von Barlohn eine Direktversicherung mit (voll) gezillmerten Tarifen zusagt. Die Zillmerung verstößt zwar nicht gegen das Wertgleichheitsgebot des § 1 Absatz 2 Nummer 3 BetrAVG.

Wann eine unangemessene Benachteiligung besteht
Es spricht jedoch einiges dafür, dass die auf gezillmerte Versicherungstarife abstellende bAV eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB enthält. Angemessen könnte es sein, die bei der Direktversicherung anfallenden einmaligen Abschluss- und Vertriebskosten auf fünf Jahre zu verteilen.“ In § 307 BGB steht, dass Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Viele Unternehmen beschäftigen sich noch nicht mit dem BiMoG
Der Vorsitzende Richter machte aber deutlich, dass ein Arbeitnehmer nicht zu jedem Zeitpunkt seine Direktversicherung zu Kasse machen könne. Alle Beträge, die ein Arbeitnehmer umwandle, seine nicht zu jedem Zeitpunkt als „wertgleich“ zu sehen. Umgekehrt sollte ein Arbeitgeber keine voll gezillmerten Tarife anbieten lassen, wenn er etwa vor einer Entlassungswelle bei seinen Arbeitnehmern stehe. Über erste Erfahrungen aus der Praxis zum Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) berichteten Wilhelm-Friedrich Puschinski und Dr. Stephan Wildner, beide Towers Watson. Obwohl dieses Gesetz zwingend für Geschäftsjahre ist, die ab 2010 beginnen, hätten sich viele kleine Unternehmen noch nicht ausreichend mit dem Thema auseinandergesetzt. Das BilMoG schreibe eine realistischere Bewertung der bestehenden Pensionsverpflichtungen vor, sorge für einen sachgerechten Ausweis der Kosten, schaffe einen Anreiz für eine Vermögensseparierung und stärke damit letztlich die bAV.

Gerade Unternehmen ohne internationale Bilanzierung und mit bisheriger Einheitsbilanz könnten allerdings eine erhebliche Belastung ihrer Bilanz erleben. In den letzten Jahre hatten viele Dax-Unternehmen ihre Pensionsverpflichtungen in CTAs (Contractual Trust Arrangements) bzw. Pensionsfonds ausgegliedert, um im Zuge einer Bilanzverkürzung die Verpflichtungen und Kapitalanlagen in der Bilanz saldieren zu können.

Autor(en): Bernhard Rudolf

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