Altersvorsorge in Deutschland: Neue Ideen, bewährte Systeme

Wie begegnet man der wachsenden Altersarmut in Deutschland effektiv? Wie gestaltet sich die Zukunft unserer gesetzlichen Rentenversicherung? Hat die Bundesregierung bei der "Rente mit 67" die richtigen Weichen für die Zukunft gestellt? Und wie kann die Akzeptanz der bAV bei KMUs gefördert werden? Auf diese und andere Fragen lieferten versierte Experten auf dem 12. MCC-Kongress „Zukunftsmarkt Altersvorsorge“ in Berlin produktive Antworten.

Einige Teilnehmer des Kongresses waren überzeugt: Die Probleme der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland sind im internationalen Vergleich äußerst moderat und das gesamte System ist weitaus stabiler als in vergleichbaren Staaten. So hätten beispielsweise Länder wie Griechenland, Schweden und Polen mit weitaus größeren Problemen zu kämpfen, da unter anderem Letztgenanntes zu lange damit beschäftigt gewesen sei, sein nicht mehr funktionstüchtiges staatliches System zu retten. Ein uneffektiver und teurer Rettungsversuch, so Andreas Storm, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

Gute Zahlen für die Gesetzliche Rentenversicherung
Auch Dr. Herbert Rische, Präsident des Deutschen Rentenversicherung Bundes, war davon überzeugt, dass die Rentenversicherung nach der jüngsten Krise keinen Schaden genommen hätte. Um dies zu beweisen, lieferte er aktuelle Zahlen: Die Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland beliefen sich 2010 auf 244,7 Milliarden Euro, die Ausgaben auf 242,7 Milliarden Euro. Folglich konnten so zwei Milliarden Euro Überschuss erwirtschaftet werden. Gleichzeitig erreichte die Nachhaltigkeitsrücklage eine Höhe von 18,5 Milliarden Euro. Dies könne für 2013 die erfreuliche Botschaft bedeuten, dass der Beitragssatz auf 19,5 Prozent gesenkt werden könnte.

Ob diese positive Einschätzung von Rische Realität wird, wird sich demnächst noch zeigen, wenn das Statistische Bundesamt seine diesbezüglich aktuellen Zahlen liefert. Der Präsident des Deutsche Rentenversicherung Bundes wörtlich: "Die jüngste Krise hat viele Menschen abgeschreckt, weiter in alternative Rentenprodukte zu investieren. Beim Thema Kapitalgedecktes System ist bei vielen Ernüchterung eingekehrt und hat eine Rückbesinnung auf die Umlagefinanzierung ausgelöst. Die für ihn erfreuliche Konsequenz: Das Vertrauen der Menschen in die gesetzliche Rentenversicherung ist wieder gewachsen."

Finanzkrise hat kaum staatlich geförderte Vorsorgeprodukte tangiert
Ganz anders natürlich hier die Position von Professor Rürup, Mitglied des Vorstands der MaschmeyerRürup AG und Moderator des MCC-Kongresses. Er ist davon überzeugt ist, dass bis 2040 die umlageorientierte Rente Schritt für Schritt von der Kapitalgedeckten Rente abgelöst wird, wobei sich dabei das Verhältnis von ehemals 85 zu 15 Prozent auf 60 zu 40 Prozent verschieben wird. Für ihn geht auch ganz klar der Trend zur mischfinanzierten Alterssicherung. Ganz im Gegensatz zu anderen Ländern wie Norwegen und der Schweiz habe die Finanzkrise den staatlich geförderten Vorsorgeprodukten in Deutschland kaum etwas anhaben können.

Ein großes Thema bei dem Altersvorsorge-Meeting in Berlin war auch "die Rente mit 67", die von dem Rentenpolitischen Sprecher der Linken, Matthias W. Birkwald, als politische Fehlentscheidung betitelt wurde. Seines Erachtens gäbe es gute Alternativen, so zum Beispiel eine ein-prozentige Beitragserhöhung, die die Menschen gut verkraften könnten. Dagegen argumentierte Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Rentenpolitischer Sprecher Bündnis 90 / Die Grünen, der die Rente mit 67 als absolut sinnvoll erachtet, da die Menschen bekanntermaßen länger leben würden. Dabei sei aber wichtig, dass man den Bürgern die Angst vor dem Thema Altersarmut nehme.

Einen bislang wenig diskutierten Vorschlag hierzu brachte Dr. Heinrich L. Kolb, Sozialpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, ein: Die so genannte Teilrente sei bislang noch zu bürokratisch und folglich zu selten genutzt. Aber die Menschen sollten stärker die Möglichkeit erhalten, zu entscheiden, wie lange sie arbeiten und wann sie in Rente gehen wollten. Ganz ähnlich argumentierte auch Peter Weiß, Mitglied der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Auch für ihn müssten die Übergänge zwischen Arbeits- und Rentenabschnitt flexibler gestaltet werden. In diesem Kontext sei aber auch wichtig, dass ein Umdenken in den Köpfen der Menschen stattfände, so auch bei vielen Arbeitgebern, die zum Beispiel noch zu wenig Gespür dafür entwickelten, dass viele Mitarbeiter von Depressionen oder dem Burn-Out-Syndrom bedroht seien. Die kostenintensive Folge: Die Zahl der durch Erwerbsminderung Betroffenen steige stetig. Dies sei eine vermeidbare gesellschaftliche Entwicklung.

Armutsfestigkeit der Gesellschaft sichern
Weiterer Schwerpunkt der Berliner Konferenz: Altersarmut. Die Armutsfestigkeit der Gesellschaft zu erhöhen, muss die Aufgabe der Politik sein, so der Tenor. Das Problem der Altersarmut sei bislang zwar noch nicht virulent, dies werde sich aber in naher Zukunft verändern. Schuld daran seien in erster Linie eine zunehmende Langzeitarbeitslosigkeit, ein wachsender Niedriglohnsektor, gebrochene Erwerbsbiografien und die Absenkung des Rentenniveaus. Trotz dieser negativen Entwicklung ist Rürup davon überzeugt, dass die Beitragsrendite langfristig nicht unter drei Prozent sinken wird. Der Finanzexperte ist sich auch sicher, dass es weitere Rentendebatten geben wird, warnte aber davor, das Sicherungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung anzutasten. Würde man dieses doch weiter beschneiden, würde dies die Legitimation des gesamten GRV-Systems in Frage stellen.

Als unrealistisch erachtet der Vorsorge-Experte dagegen, die Hoffnung, dass sich die Rentensysteme in Ost und West in naher Zukunft angleichen werden, mit einer Trendwende könne man hier frühestens ab 2019 rechnen.

Autor(en): Meris Neininger

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