Nach Meinung von Experten müssen die Regeln für Pensionskassen geändert werden. Sie sollten die Chance haben, risikoreicher zu investieren, um mehr Rendite am Kapitalmarkt zu erzielen.
40 Pensionskassen stehen derzeit unter „intensivierter Aufsicht“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Das bestätigte die Behörde jetzt auf Anfrage von Versicherungsmagazin. Bisher hatte die Zahl bei 36 gelegen. „Durch die Corona-Pandemie hat sich die Situation der Pensionskassen noch einmal verschärft“, sagte ein BaFin-Sprecher. Das Niedrigzinsumfeld habe sich weiter verfestigt. Davon wären Pensionskassen aufgrund ihres Produktspektrums besonders betroffen. „Bei einigen Kassen haben wir die Sorge, dass die bereits ergriffenen Maßnahmen – ohne Bereitstellung zusätzlicher externer Mittel – möglicherweise nicht ausreichen, um die garantierten Leistungen dauerhaft erbringen zu können“, so der BaFin-Sprecher.
Keine akuten Leistungskürzungen
Bei drei Pensionskassen hatte es schon Leistungskürzungen gegeben. Betroffen war die Kölner Pensionskasse VVaG, die Pensionskasse der Caritas VVaG und die Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft (PKDW). Derzeit sollen solche Kürzungen aber bei keiner Pensionskasse „unmittelbar“ bevorstehen. Die Pandemie könnte es aber den Trägerunternehmen einiger Pensionskassen schwierig machen, Mittel zu ihrer Unterstützung aufzubringen.
Nach dem Betriebsrentengesetz (BetrAVG) steht der Arbeitgeber für die von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Umsetzung nicht unmittelbar über ihn erfolgt. „Der Arbeitgeber schuldet die dem Arbeitnehmer ursprünglich zugesagten Versorgungsleistungen auch dann, wenn er die betriebliche Altersversorgung über einen externen Versorgungsträger, wie eine Pensionskasse, durchführt“, erläutert Lisa Haseloff, Rechtsanwältin bei der Kanzlei Noerr aus München.
Arbeitgeber in der Haftung
Das Risiko einer Subsidiärhaftung lässt sich laut der Juristin nur im Rahmen einer reinen Beitragszusage im Sozialpartnermodell vermeiden. Doch diese Art der betrieblichen Altersversorgung gibt es bisher nur in einem Tarif, nämlich über „Die Deutsche Betriebsrente“ und startet erst zum 1. Juli 2021. Folglich müssen Arbeitgeber, die eine betriebliche Altersversorgung über eine Pensionskasse durchführen, die wirtschaftliche Lage der Pensionskasse prüfen, um rechtzeitig auf Leistungsplanänderungen der Kasse reagieren zu können.
Temporäre Unterdeckung zulassen
Die Pensionskassen selbst möchten mehr rechtliche Freiheiten. Das geht aus einer Umfrage im Rahmen des Pensionskassentages der Unternehmensberatung Willis Towers Watson hervor. Danach forderten fast zwei Drittel der befragten Pensionskassenverantwortlichen, dass sich regulatorisch „einiges ändern sollte“, damit Pensionskassen positive Zukunftsaussichten haben. „So könnten beispielsweise unter genau definierten Voraussetzungen temporäre Unterdeckungen zugelassen werden, damit die Einrichtungen chancenreicher investieren und die damit einhergehenden Volatilitäten besser aushalten können“ schlägt Rafael Krönung von Willis Towers Watson vor. Gleichzeitig könnten die Kassen nach Vorstellung des Beraters dadurch entlastet werden, dass bislang über eine Pensionskasse finanzierte Leistungen wieder vom Arbeitgeber übernommen werden.
Die Bafin verwies darauf, dass die „Beurteilung und Entscheidung“, ob eine Änderung des Pensionskassenrechts notwendig und sinnvoll ist, allein durch den Gesetzgeber getroffen werden kann. In gewissem Umfang sei er sogar schon tätig geworden. So habe er durch eine Änderung des Aufsichtsrechts - Ergänzung des § 234 VAG - die Nachfinanzierung von Pensionskassen mit heterogener Struktur der Trägerunternehmen erleichtert.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek