Nachrangkapital
1. Begriff: Kapital mit einer Mischung aus Eigen- und Fremdkapitalcharakteristika. Siehe auch nachrangige Verbindlichkeiten und Genussrechtskapital. Ohne ein Stimmrecht auszulösen, nimmt das Nachrangkapital vollständig an etwaigen Verlusten teil. Im Insolvenzfall wird zunächst das (übrige) Fremdkapital befriedigt, das Nachrangkapital wird aus der verbleibenden Summe zurückgezahlt. Innerhalb des Nachrangkapitals gilt die Regel, dass die Rückzahlungsquote (Recovery Rate) umso geringer und der Kupon umso höher ist, je nachrangiger das Kapital ist.
2. Weitere Merkmale: Nachrangkapital ist i.d.R. langfristig mit Laufzeiten von mindestens zehn Jahren bis hin zur unendlichen Laufzeit (Perpetuals) ausgestattet. Des Weiteren ist die Zinszahlung mit optionalen oder verpflichtenden Aussetzungen bei Verlusten des Unternehmens versehen. Das Rating von Nachrangkapital liegt i.d.R. zwei Stufen unter dem Rating des Emittenten.
3. Emittenten: Wesentliche Emittenten von Titeln über Nachrangkapital sind Banken, Versicherungs- und Industrieunternehmen, wobei Banken in der Praxis die größte Relevanz besitzen. Nachrangkapital von Banken wird nach der Stufe seiner Nachrangigkeit in vier Klassen eingeteilt: Das dem Kernkapital zurechenbare Nachrangkapital wird als „Tier 1“ bezeichnet. Nachrangkapital der Klasse „Upper Tier 2“ kann als Ergänzungskapital erster Klasse verwendet werden, während Nachrangkapital der Klasse „Lower Tier 2“ nur als Ergänzungskapital zweiter Klasse eingesetzt werden kann. Das Nachrangkapital der Klasse „Tier 3“ wird dem Fremdkapital zugerechnet und daher in der Praxis kaum genutzt. Von Versicherungsunternehmen ausgegebenes Nachrangkapital wird seit der Einführung von Solvency II analog zum Bankensektor klassifiziert. Banken und Versicherungsunternehmen emittieren Titel über Nachrangkapital zur (besseren) Erfüllung der Basel II- bzw. der Solvabilitätskriterien (Solvabilität), da es (teilweise) als Haftkapital angerechnet werden kann. Damit verbessert die Ausgabe von Nachrangkapital auch das Finanzprofil eines Unternehmens.
Autor(en): Jürgen Meisch