Autoversicherung: Gigantische Preisunterschiede gemessen

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Trotz Prämiensteigerungen um rund fünf Prozent kann man in der Autoversicherung auch in diesem Jahr gigantische Preisunterschiede messen. Der Abstand zwischen dem jeweils teuersten und günstigsten Angebot liegt durchschnittlich bei 1.231 Euro. Im schlechtesten Fall beträgt der ermittelte Preisunterschied 350 Prozent zwischen dem teuersten und dem günstigsten Anbieter.

Der minimalste Preisunterschied liegt bei 127 Prozent zwischen dem günstigsten und teuersten Angebot. Das sind Ergebnisse einer Studie, die Professor Thomas Köhne von der Hochschule Wirtschaft und Recht in Berlin für den Online-Versicherer Direct Line erstellt hat. „Die Marktstudie beruht auf 50.807 Tarifkalkulationen über 30 Regionen in Deutschland und zehn Musterkunden und ist somit repräsentativ“, betont Köhne. Über alle 300 untersuchten Kombinationen von Musterkunden und Regionen beträgt die geringste Spannbreite zwischen günstigstem und teuerstem Angebot für eine Ehefrau mit Zweitwagen immer noch 694 Euro, während die höchste für einen Studenten mit Polo 2.222 Euro beträgt.

Aktion der Direct Line soll Wechselgeschäft ankurbeln
Ob diese extremen Werte, die dem Vergleichsprogramm Nafi entnommen wurden, aber in der Realität eine Bedeutung haben, darf stark bezweifelt werden. So ist es kaum vorstellbar, dass ein Student seinen Polo in Berlin für 3.318 Euro versichert, wenn er den Versicherungsschutz auch für rund 1.100 Euro erhalten kann. Auch der Unterschied bei der Ehefrau mit Zweitwagen, hier kostet die Höchstprämie in Berlin 1.459 Euro statt möglichen 409 Euro, dürfte in der Praxis selten eine Rolle spielen. Viele Versicherer wehren mit solchen hohen Prämien Kunden ab, die sie nicht möchten.
Auftraggeber Direct Line ist zumindest bei jungen Fahrern für die hohen Prämienunterschiede selbst verantwortlich. „Junge Fahrer unter 24 sind zu schadenträchtig, die wollen wir nicht“, bestätigt Direct Line Vorstand Christian Paul Sooth. Damit schützt der Versicherer nicht nur seinen Bestand, sondern sorgt auch für große Preisdifferenzen, die er dann wissenschaftlich auswerten lässt - ein nun zum vierten Mal gelungener Medienschachzug.

Abwehrprämie sogar moralisch begründet
Die Extrem-Wert-Studie hat somit vor allem den Zweck, das Wechselgeschäft anzukurbeln. Tatsächlich dürften die wirklichen Prämienunterschiede beim Gros der Autofahrer deutlich geringer ausfallen und eher im Bereich der Spanne zwischen Mittelwert und günstigster Prämie liegen. Auch diese Differenz hat die Studie ermittelt. Sie beträgt im höchsten Fall 935 Euro. Betroffen ist ein Single-Autofahrer in Berlin. Wenn er eine durchschnittliche Prämie zahlt, dann liegt sein Sparvolumen bei rund 47 Prozent.
Demgegenüber hat eine Frau, die in Wittenberg mit einem Zweitwagen eine Durchschnittsprämie zahlt, noch ein Sparvolumen von 50 Prozent, das sich in Euro auf rund 316 Euro beläuft. Wahrscheinlich liegt das „sinnvolle“ Sparvolumen aber noch geringer, denn Basis-Tarife, die beispielweise keine weitgehende Mitversicherung der groben Fahrlässigkeit leisten, sind kaum empfehlenswert. Spannend ist übrigens, dass Direct- Line-Vorstand Sooth seine Abwehrprämie für junge Fahrer sogar moralisch begründet.

Stufenführerschein für schwieriges Klientel gefordert
So würde der Versicherer mit hohen Prämien für junge Fahrer andere Verkehrsteilnehmer vor den Risikofahrern schützen. Tatsächlich finden aufgrund des starken Wettbewerbs diese Fahrer dennoch einen relativ günstigen Anbieter. Smooth fordert daher für diese Klientel einen Stufenführerschein wie beim Motorrad. Es sei einfach unverantwortlich, dass junge Männer sich bei jedem Autohändler in Deutschland einen alten, aber leistungsstarken Sportwagen kaufen dürfen.



Unser Lesetipp:
In der November-Ausgabe von sind die Neustrukturierungen bei der oben erwähnten Nafi-Gruppe auch ein wichtiges Thema. Unter der Überschrift "Die Vision einer Abwicklungsplattform" drucken wir ein Interview mit den Verantwortlichen der neuen Plattform. Hier ein kurzer Einblick in den Beitrag:


"Der deutsche Marktführer für Kfz-Versicherungsvergleiche, die Nafi-Gruppe, ist von der britischen Acturis Group Limited gekauft worden. VM sprach mit Nafi-Geschäftsführerin Ivana Höltring und Acturis-Director Simon Ronaldson über die Auswirkungen des Deals.


VM: Wird Nafi in den Markt der Maklerverwaltungsprogramme einsteigen? Welche Erfahrung bringt Acturis hier ein?
Simon Ronaldson: Wir haben eine Vision von einem schnellen und einfachen Abwicklungsprozess zwischen Maklern und Versicherern. In Großbritannien stellen wir ein vollständiges Verwaltungssystem zur Verfügung, das sich einerseits direkt mit Systemen der Versicherer verbindet, aber auch den Versicherern die Möglichkeit bietet, die Produkte vollständig auf die Acturis-Plattform zu verlagern. ..."


Bildquelle: Meris Neininger

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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